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My path of life

15 Jul

Diesen Beitrag hielt ich am 07.07.2018 – so oder so ähnlich – in freier Rede und in Englischer Sprache im Munich English Advanced Toastmasters Club in München:

When I was 16, I spent a year as an exchange student at a US High school, where I encountered the well-known poem by Robert Frost which in parts I still remember today:

The Road less Taken

“Two roads diverged in a yellow wood, …
and I –
I took the one less traveled by,
And that has made all the difference.”

Dear Toastmasters,
I do not know why, but paths and ways have always run through my life like a common thread.

After I finished my high school in Germany, my Curriculum Vitae – the path of my life – seemed very straight forward. I studied industrial engineering at a private dual university of applied sciences, actually the first one of its kind. After my diploma in 1998, I moved to Munich to start my first job in the controlling department of a local car manufacturer.

At that time, I worked hard during the day, and often I partied hard during the night. The rhythm of my life seemed to be “Life is a high way, I wanna ride it all night long” – except that my favorite vehicle was not a car but a mountainbike.

As years passed by, I unconsciously felt something was missing in my life – but I could not say what it was. I travelled a lot in search of that something to fill the void inside me.  I hiked through woods and jungles, I scuba dived the nicest seas, and climbed the mountains … and still had not found what I was looking for.

Accidently – or should I say: by chance – in 2007, I found the Way of St. James. Today I know the way actually found me. At some point on my pilgrimage, I came to that point, when I almost drowned. I almost drowned in a river of tears – my own tears. It was like a broken dam of emotions, setting free the tears I had been holding back for the last ten or more years. I realized that as a woman living and working in a man’s world (engineering and the automotive industry actually IS a man’s world), I had not allowed myself to show or even feel any kinds of emotions.
Of course, it took me some years to find words for all those emotions I had not been able to express in years – like anger, fear, frustration or emptiness. And it also took me years to learn actually to feel these feelings instead of covering them up inside me. But by doing so, I not only reconnected with myself, but I also discovered empathy enabling me to connect with other people around me as well.

Eventually, I subscribed in several educations and trainings as a naturopath and as a stress pilot next to my regular job. This enabled me to accompany people to a healthier, stress-free life.

At that time, I realized staying any longer in my deadhearted, senseless but well-paid job at the car manufacturer would cause me getting severely ill sooner or later. Therefore, I quit.

That was six years ago. Since then, my life has been full of ups and downs and twists and turns. Two of the funniest probably being me studying theology about 20 years after resigning from church as a paying member – and me as a vegetarian since almost 25 years joining MEAT.

But there are even more paths and ways joining the common thread of my life: I recently learned to be a guide for other pilgrims, and I served as a Pathway guide in Toastmasters. Maybe the reason for all of this was the biblical saying I chose as a thirteen-year-old for my confirmation. I had forgotten about it for quite a long time – but recently, it suddenly came to my mind again, because it seemed to fit my life quite well.

I chose Matthew 7, verses 13-14:

13 For wide is the gate and broad is the road that leads to destruction, and many enter through it.
14 But small is the gate and narrow the road that leads to life, and only a few find it.

Whether my life will lead to destruction or to life, remains to be seen. Nevertheless, I do not regret any of the twists or turns. Because every single of them has made me the person I am today.

A small detail I discovered while researching for this speech, is that I remembered Robert Frost’s poem mentioned in the beginning the wrong way. First of all, the title actually quotes “The road NOT Taken” and the tenor is you’ll never find out what happened walking the other path.

For me, this doesn’t matter so much: I prefer to sum up Roberts Frosts poem with the quote of Franz Kafka: Paths are made by walking them. So let’s discover together, where my current paths – MEAT & Developing Leadership – will lead me.

As the pilgrims say: Buen Camino!

Erleuchtungs-Express

10 Mär

In meinem Umfeld spreche ich immer mal wieder mit Leuten, deren erklärtes oder weniger deutlich formuliertes Ziel es ist (oder scheint), so schnell wie möglich zur Erleuchtung zu kommen. Wobei die Wege dorthin sehr unterschiedlich sind: Der oder die eine probiert’s mit Yoga, ein anderer fährt regelmäßig nach Indien in einen Ashram zu einem Guru und die dritte rennt vom einem Selbstfindungsseminar zum nächsten…

Wieder ein anderer probiert es regelmäßig durch den Konsum von Cannabis oder anderen mehr oder weniger legalen Drogen und wundert sich (oder auch nicht), wenn es ihm die Birne eher ausschaltet als erhellt.

Soweit, so gut – ich finde, jeder hat das Recht, nach seiner Facon glücklich zu werden – zumindest solange er niemandem anderem damit schadet…
Dennoch glaube ich, dass dies zum großen Teil Irrwege sind, zumindest wenn es darum geht, das Ziel (die Erleuchtung) so schnell wie möglich zu erreichen. Denn genauso wenig wie es wahrscheinlich ist, dass man 20 Kilo in 5 Tagen auf gesunde Weise verliert (und dies neue Gewicht auch dauerhaft hält!), funktionieren meiner Meinung nach auch alle anderen „Abkürzungen“.

Denn das wäre ja wie ein Doktor-Titel ohne sich die Mühe machen zu wollen, auch eine Dissertation zu schreiben. In Anbetracht der vielen Plagiateure unter unseren Politikern ist zwar ein böses Beispiel, aber es verdeutlicht, dass auch ein Versuch früher oder später auffliegen wird.

Stattdessen habe ich – sowohl auf meinen Jakobswegen als auch in der einen oder anderen Phase meines Lebens – entdecken dürfen, dass auch der Weg zum Ziel gehört (oder für die Techniker: Der Prozess zum Ergebnis).
Wobei ich zugeben muss, dass ich früher selbst auch immer ganz gerne dazu tendiert habe, am Grashalm zu ziehen, damit dieser schneller wächst. Anstatt der Saat die ausreichende Zeit zum Reifen zu geben, wollte ich nur das Ergebnis ernten – am besten sofort.
Aber um zu ernten muss man eben nicht einfach nur sähen und abwarten, sondern darüber hinaus auch noch vorher den Boden vorbereiten und während des Wachsens regelmäßig Unkraut zupfen und natürlich ab und zu mal gießen. Und so ähnlich bedarf auch die Erleuchtung eine regelmäßige Übungspraxis.

Nicht zu vergessen: Auch die Erleuchtung macht aus niemandem einen „besseren“ Menschen. Oder wie es im Zen so schön heißt: „Vor der Erleuchtung Holz hacken, nach der Erleuchtung Holz hacken…“

Neujahrsgedanken 2016

1 Jan

Das Jahr begann –
wie immer um diese Zeit –
mit großem Hallo und Geräusch.

Doch nun um halb 10
ist der Rausch vorbei,
und es herrscht neblige Stille.

Wie schön diese Ruhe –
fast schon ein Idyll.
Der Nebel hängt noch in der Luft.

Wie ein Schleier bedeckt er
das noch junge Jahr.
Und so bin ich freudig-gespannt,
was wohl darunter liegen mag.

Ich wünsche mir – und Dir! –
dass es im Gepäck haben möge
Gesundheit, Erfolg und Zufriedenheit –
und tolle Begleiter für all Deine Wege.

Und doch liegt es einem jeden von uns in der Hand
das Jahr nach Geschmack zu gestalten.
Die Ziele zu planen, die Wege zu gehn
damit nicht das Jahr verrinnt wie Sand.

Hab Neugier und Begeist’rung
im Gepäck immer dabei.
Mach das Beste, sei Gestalter –
das Wünsche ich Dir.

 

Gerne begleite ich Sie/Dich ein Stück Ihres/Deines Weges!

Herzlich, Christina Bolte

Schwimmen gegen den Strom (3)

4 Nov

In meinen letzten bzw. vorletzten Beiträgen erwähnte ich, dass ich den Jakobsweg entgegen der „normalen“ Richtung gegangen bin.

Was logischerweise nicht immer ganz einfach war, denn die Markierungen mit gelben Pfeilen oder Muschel-Symbolen führen halt nach Santiago (bzw. von dort nach Finisterre) und sind ohnehin schon häufig genug durch Bauarbeiten oder parkende Autos nicht erkennbar.
Die gelegentlichen blauen Pfeile, die normalerweise den Pilgerweg entlang bzw. entgegengesetzt dem portugiesischen Jakobsweg nach Fatima markieren, waren – zumindest im spanischen Teil – deutlich spärlicher gesät als ich mir das so im Vorwege überlegt hatte. Abgesehen davon, dass blaue Pfeile auf regennassem Untergrund, bei Nebel oder in der Dämmerung eben doch deutlich schlechter zu erkennen sind, als gelbe…

Und so kam es auch das eine oder andere Mal, dass ich mich verlief.

Mal „nur“ ein bisschen parallel zum eigentlichen Weg, aber einmal lief ich sogar auch völlig daneben. Das kommt davon, wenn man blindlings einfach hinläuft, wo man andere herkommen sieht, ohne auf die Wegmarkierungen zu achten (zum Glück schickte mich ein LKW-Fahrer nicht allzu viel später wieder in die richtige Richtung).
Ja und einmal war es mir auch tatsächlich nicht möglich herauszufinden, aus welchem Weg an einer Kreuzung man optimalerweise hätte kommen müssen um den gelben Pfeil ideal sehen zu können (das war nämlich meistens mit Rätselraten oder detektivischer Kombinatorik verbunden). Und so marschierte ich dann auch – weil ich zu faul war in der Hitze den ganzen Weg zurückzulatschen – als Abkürzung durch ein Maisfeld. Das hatte echt was von Dschungel, sag ich Ihnen!
Noch eine Weile später fand ich mich auf einer Strassenkreuzung einer größeren Strasse wieder, ohne Ortsschilder, keine Wegmarkierungen weit und breit (außer einem Strassenschild, welches mir sagte, dass in 14 Kilometer Entfernung ein EU-gesponsorter Windpark war). Was glauben Sie, wie froh ich war, als ich nach einer kleinen, kreativen Pause, in der mich meine verbliebenen Essens- und Wasservorräte verinnerlichte, in gut 400 Metern Entfernung einige Pilger über eben diese größere Strasse laufen sah! Da war er wieder, mein Weg – er hatte mich wieder gefunden…

Erwähnenswert war übrigens auch noch die junge Dame beim Pilgerbüro in Santiago, zu deren Aufgaben es normalerweise gehört, den Pilgern, die die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen, ihre Pilgerurkunde auszustellen. Da die „entsprechenden Voraussetzungen“ sind, dass man entweder 100 Kilometer zu Fuß (oder 200 Kilometer mit dem Fahrrad) ohne motorisierte Unterstützung zurückgelegt haben muss, war mir schon fast klar, dass ich – nachdem ich im „nur“ neunzig Kilometer entfernten Finisterre gestartet war – wohl nur mit viel gutem Willen oder eher gar keine Urkunde bekommen würde.
Nachdem sie jedenfalls sah, wo mein Ausgangsort war, war sie sehr bemüht – dabei stand in ihrem Gesicht eine ziemlich deutliche Hilflosigkeit – mir wortreich auf Spanisch beizubringen, dass ich aufgrund dessen leider keine Urkunde bekommen könne (mein Spanisch ist zwar ganz ok, aber nicht so gut…). Nach einer – für uns beide gefühlt – langen Zeit weiterer Erklärungs-versuche (mittlerweile auf Englisch) sagte ich dann, ich wüsste, dass ich 10 Kilometer zu wenig auf dem Papier hätte für eine Urkunde, aber ich hätte ja auch schon zwei Stück zu Hause und wenn sie mir einfach nur einen Stempel in meinen Pilgerpass geben würde, würde ich auch schon wieder gehen. Was ich zu ihrer sichtlichen Erleichterung auch tat…

Und so pilgerte ich nach einer zweitägigen Ruhepause weiter – wie oben beschrieben: von Santiago weg in Richtung Süden. Von den verschiedenen Begegnungen hatte ich ja bereits geschrieben.

Warum war es für mich schwierig, gegen den Strom zu laufen?

Was ich allerdings noch nicht erwähnt hatte, war die Tatsache, dass mir eigentlich schon zu Beginn der Reise klar war, dass ich es bei meinem „normalen“ Gehpensum von etwa 20 Kilometern am Tag (plus/minus 5) nicht schaffen würde, auch die kompletten 240 Kilometer bis nach Porto rechtzeitig bis zu meinem Rückflug zu Fuß zurückzulegen. Das bedeutete, dass ich an irgendeinem Punkt für eine große oder mehrere kleine Abschnitte auf Bus oder Bahn zurückgreifen musste.
Und genau das machte es bis zu einem gewissen Grad für mich schwierig – mir fehlte das große Ziel vor Augen, das nämlich jeder hat, der nach Santiago läuft. Der Weg ist das Ziel, heißt es so schön, und das Ziel ist der Weg. Oder auch: Ankommen, um dort zu sein. Wenn es denn immer so einfach wäre…

Denn bei mir war es eben anders. Ich war ja schon „am Ziel“ (zumindest dem der anderen) gewesen und lief nun um des Laufens willen – und hatte auch eine riesige Freude daran. Zumindest so lange wir ein bombiges Herbstwetter hatten (wolkenloser, strahlend-blauer Himmel und Sonnenschein) und die täglichen Strecken überwiegend auf Nebenstrassen und durch kleine Dörfchen verliefen. Was etwa vier Tage und 95 Kilometer der Fall war. Auch am fünften Tag noch, als ich zwei Tage vor meinem Rückflug in Valenca in den Zug stieg (eigentlich wäre ich gerne noch weiter auf dem Camino gegangen, aber die nächsten zwei Etappen hätten mich in irgendwelche Dörfer abseits jeglicher Busanbindung geführt).

Leider begann, während ich im so Zug saß, ein bis zu meinem Rückflug zwei Tage später nur durch wenige trockene Phasen unterbrochener Regenschauer. Im Regen eine Stadtbesichtigung machen (wie ich vorgehabt hatte) machte keinen Spass. Im Regen laufen auch nicht.

Wenn ich nun ein Ziel – wie z. B. Santiago – vor Augen gehabt hätte, hätte ich die widrigen Umstände in Kauf genommen und wäre trotzdem mehr oder weniger gut gelaunt  weiter gelaufen. Aber so fehlte mir irgendwie jeglicher Ansporn (wenn man mal von trockenen, sauberen Klamotten absieht, die so oder so zu Hause in Deutschland auf mich warteten) für jegliche Entscheidung und jegliche Handlungsalternative.

So deutlich wie durch dieses Erlebnis hatte ich noch nie erfahren, wie wichtig es ist klare Ziele vor Augen zu haben…

Herzlichst, Ihre Christina Bolte

Schwimmen gegen den Strom (2)

25 Okt

In meinem letzten Beitrag schrieb ich darüber, wie es mir auf meiner letzten Pilgerwanderung auf dem Jakobsweg erging, auf der ich vom Reiseziel der meisten Pilger startete um auf dem selben Weg „wieder zurück“ zu gehen.
Mein Motto war dabei „Der Weg zurück ins Leben“ oder vielmehr in meinen Alltag, denn die Menschen, die vor 800 Jahren eine Pilgerreise machten, konnten sich ja auch nicht einfach in ein Flugzeug setzen, um vom Ziel ihrer Pilgerreise wieder nach Hause zu kommen…

Die Reaktionen der anderen

Spannend fand ich es aber auch, die Reaktionen der anderen Pilger wahrzunehmen, die ich grüßte während unserer kurzen Begegnung, wenn sie mir entgegen kamen, oder während einer etwas längeren Begegnung, wenn ich sie abends in den Herbergen traf (ich karikiere hier natürlich ein wenig, also bitte nicht ganz wörtlich nehmen).

Zunächst einmal gab es

Die Verunsicherten – oder auch: die Selbstzweifler:

Das sind die, die sofort verunsichert bis verwirrt ausschauten und anfingen, anhand irgendwelcher Wegmarkierungen oder der Beschreibung in ihrem Reiseführer zu überprüfen, ob sie möglicherweise falsch gingen. Denn wie wäre es sonst möglich, dass ihnen jemand entgegen kommt?

Die Selbstbewußten – oder auch: die Bestimmten:

Das genaue Gegenteil der Verunsicherten. Diese waren so felsenfest von der alleinigen Richtigkeit „ihres“ Weges überzeugt, dass sie mich sehr bestimmt darauf aufmerksam machten, wo es lang gingt – und das nicht etwa hilfsbereit-fragend, sondern fast schon befehlend. Daß andere Menschen möglicherweise andere Ziele oder andere Wege haben, schien ihnen eine neue Option zu sein.
Fragt sich nur, wer von uns ver-rückt war, oder?

Die Hilfsbereiten – oder auch: die Empathischen:

Dann gab es auch noch diejenigen Menschen, die mich – vor allem, als ich aufgrund einer fetten Schleimbeutelentzündung ziemlich stark humpelte – fragten, ob bei mir alles in Ordnung sei oder das Humpeln der Grund für mein Umdrehen sein. Dazu zähle ich auch die drei spanischen Hausfrauen, die mich am Morgen aufgrund meines schmerzverzerrten Gesichtes, etwa 8 km vor meiner Ankunft in Santiago fragten, ob ich nicht lieber einen Bus nehmen wollte (was natürlich einerseits mit meiner Pilgerehre nicht zu vereinbaren war und andererseits sowieso eine theoretische Möglichkeit war, da die Busse nur alle Jubeljahre mal fuhren).

Die Mißtrauischen (zum Glück war es nur einer):

In einer Herberge sagte mir doch tatsächlich jemand sinngemäß, vor Menschen wir mir (die den Jakobsweg zurück gingen) müsse man sich in Acht nehmen, denn sie seien suspekt oder hätten was zu verbergen – vor allem wenn sie einen Hund mit sich führen würden, was ich allerdings nicht hatte. [Zur Erklärung: es gibt einige wenige, die vom Jakobsweg den Absprung nach Hause nicht schaffen und quasi als Dauerpilger von einem Jakobsweg zum anderen ziehen – manche von diesen sind dann irgendwann in Begleitung von Hunden anzutreffen, weswegen sie dann keinen Zutritt mehr in die Pilgerherbergen bekommen]

Die Neugierigen – oder auch: die Weltoffenen:

Am meisten berührt haben mich ehrlich gesagt die beiden Begegnungen, wo mir ein entgegenkommender, dem Dialekt nach schätzungsweise amerikanischer Pilger einfach nur sagte bzw. fragte: „Oh, you’re going back?“ – so, als ob es die normalste Sache der Welt ist.
Oder die handvoll Gespräche mit Menschen, die sich nach meinen Motiven interessierten, warum ich zurück ging.
Das Attribut „neugierig“ ist daher für mich eindeutig positiv belegt, da es im wörtlichen Sinn einen gewissen Wissensdurst bestätigt und von Interesse zeugt.

Die breite Masse:

Das waren die vielen Menschen, sozusagen der Schwarm oder die Herde, die mit dem Strom schwimmen, die auf meinen Gruß (übrigens dem traditionellen Pilgergruß „Buen Camino“) ganz normal zurück grüßten.
Nur wenige von denen schauten leicht schräg, so als ob ich „keiner von ihnen“ sein könnte, es aber dennoch wagte, mich ihres Grußes zu bedienen.
Vielleicht war das aber auch nur meine eigene Interpretation. Denn dieser „Herde“ zugehörig war und fühlte ich mich auch in der Tat nicht, sondern eher so wie auf einer Art Kamera-Perspektive…

Und um abschliessend noch mal auf die im ersten Teil erwähnte Bemerkung meiner Bekannten zurückzukommen: Sooo einsam war der Camino dann doch nicht – für mich war der Weg voller Begegnungen, wenngleich diese auch nicht besonders lang waren.
Ich bin mir aber sicher, dass der oder die eine oder andere – ob bewusst oder unbewusst, direkt oder indirekt – durch diese unsere Begegnung, evtl. auch nur durch mein blosses Da-Sein, oder (im Fall der „längeren“ abendlichen Begegnungen) auch durch unsere Unterhaltung seinen Weg verändert fortgesetzt hat. So wie auch mich die eine oder andere Begegnung und dieses oder jenes Gespräch noch eine Weile in meinen Gedanken und auf meinem Weg begleitet hat.

Welche Hindernisse ich sonst noch so beim Schwimmen gegen den Strom zu überwinden hatte, lesen Sie im dritten Teil

Schwimmen gegen den Strom (1)

21 Okt

Diese Woche las ich (zu einem Bild wie diesem) auf Facebook den Spruch : „Wer mit der Herde geht…  kann nur den Ärschen folgen!“

Wer mit der Herde geht Nun kann man sicher darüber streiten, ob dieser Satz witzig, politisch korrekt oder einfach nur blöd ist. Ich musste jedenfalls ganz spontan an meine Reise auf den Jakobsweg denken, von der ich gerade zurückkam.

Ich war nun bereits zum dritten Mal auf dem Jakobsweg unterwegs gewesen. Mit dem Unterschied, dass ich diesmal rückwärts gegangen bin. Rückwärts nicht im Sinne von Rücken voran, sondern in dem Sinn, dass ich dort meinen Weg begonnen habe, wo andere normalerweise ihren Weg beenden.

Rückwärts gehen war in vielerlei Hinsicht seltsam – zunächst mal für mich…

Zunächst mal war es ein komisches Gefühl, auf der Fahrt mit dem Bus nach Santiago bzw. Finisterre zu fahren (mein Hin-Flug ging nämlich nach Porto) und in den 2,5 Std. bis zu meiner Weiterfahrt nach Finisterre (was übersetzt so viel bedeutet wie „Ende der Welt“, von wo aus ich loslaufen wollte) in das Flair von Santiago de Compostella einzutauchen, um die Zeit nicht am Busbahnhof verbringen zu müssen und um was zu essen.

Mir begegneten mir lauter euphorische Pilger oder gemütliche Bustouristen, die sich trotz starker Bewölkung freuten, durch die Gegend zu bummeln. Um die beeindruckende Kathedrale von Santiago de Compostela – Ziel eines jeden Jakobspilgerwegs – machte ich einen großen Bogen. Nicht etwa, weil ich das Gefühl hatte, es nicht wert zu sein dorthinzugehen (wie mich später jemand fragte), sondern eher weil ich von mir selbst aus gar nicht das Gefühl hatte, dort richtig zu sein.

Ungewohnt war sicherlich auch, Santiago und Finisterre in frischen Klamotten zu erreichen – normalerweise hat man am Ende seines Pilgerweges eher selten noch Kleidungsstücke, die nicht mindestens drei Mal gewaschen wurden und dennoch ein wenig müffeln (daher kommt übrigens auch der Brauch, dass in der Kathedrale von Santiago zu wichtigen Messen das Weihrauchfass geschwungen wird – früher diente dies der Desinfektion…)

Ein einsamer Weg?!

Eine (Camino-erfahrene) Bekannte hatte mir zuvor prophezeit, dass es rückwärts ein einsamer Camino werden würde – womit sie zum Teil Recht hatte. Denn naturgemäß sind mir viel mehr Leute entgegen gekommen, als in meine Richtung gingen. Und so bin ich „meinen Weg“ zumeist alleine gegangen, was für mich ok war, weil ich so gut meinen eigenen Takt finden und nachdenken konnte. Auch konnte ich dadurch auf eine ganz besondere Weise die unterschiedlichen Stimmungen wahrnehmen, die mir durch die Natur und die verschiedenen Wetterlagen vermittelt wurden.

Apropos „meinen Weg“: Manchmal, vor allem bei schlechtem Wetter oder in der Dämmerung, war es gar nicht immer so leicht, die Wegmarkierungen zu finden, die meinen oder den entgegen-gesetzten Weg markierten. Ein paar Mal hatte ich mich sogar auch verlaufen. Dann freute ich mich immer, entgegen- oder vorbei-kommende Pilger zu sehen, denn sie zeigten mir an, dass ich wieder auf dem richtigen Weg war – waren mir also im Wortsinn „Weg-weiser“.

Unerwarteterweise gab es tatsächlich einen Tag, an dem ich Gesellschaft hatte: Denn zunächst begegnete mir ein Italiener und später auch noch eine Tschechin, die in die gleiche Richtung liefen wie ich, wenn auch aus völlig unterschiedlichen Motivationen und mit verschiedenen Zeitplänen. Und so empfand ich es einerseits als schön, diese eine Etappe zusammen mit meinen neuen Weggefährten zu laufen, dennoch war es aber eben auch sehr ungewohnt, jemand anderes‘ Präsenz neben mir zu spüren.
Alles in allem möchte ich nicht sagen, dass ich auf meiner Reise einsam war. Denn abends in den Herbergen gab es ja genügend Begegnungen. Nur dass mir die wenigsten der Menschen, die ich dort traf, wiederbegegnet sind – was ja anders ist, wenn man „mit dem Strom schwimmt“, wo man sich früher oder später immer wieder begegnet.

Begegnungen mit der Vergangenheit

Ein paar Mal unterwegs musste ich auch – zum ersten Mal seit über 20 Jahren – wieder an meinen Konfirmationsspruch denken, den ich mir als 14-Jährige in einem aus heutiger Perspektive zu bezeichnend als „heller Moment“ ausgesucht hatte: „Wie eng ist die Pforte und wie schmal der Weg, der zum Leben führt, und wenige sind’s die ihn finden!“ (Matt. 7,14).

Übrigens habe ich ich mit diesen Menschen, auch wenn ich sie nur dies eine Mal getroffen habe, überwiegend sehr tiefgehende Gespräche geführt, wie es fast nur auf dem Camino möglich ist. Und diese Gespräche haben teilweise in mir noch relativ lange „nachgeschwungen“…

So zum Beispiel stimmte mich u. a. der abendliche Kommentar einer Engländerin in einer Herberge sehr nachdenklich, die sagte, dass sie es extrem schwierig fände, den Pilgerweg rückwärts zu laufen, denn dann würde man ja dauernd Leuten entgegen gehen. Möglicherweise war ich etwas unbedarft an mein Vorhaben (mit dem Rückwärtsgehen) herangegangen, denn darüber hatte ich mir zum Glück zu keinem Zeitpunkt Gedanken gemacht. Während meiner ganzen Reise habe ich das getan, was man als gut erzogener Mensch so macht: Ich habe jeden mir entgegen gehenden Pilger mit dem üblichen Pilgergruß/-wunsch „Buen Camino“ (das heißt soviel wie „Guter Weg!“) gegrüßt.

Die Reaktionen der Menschen darauf waren allerdings höchst unterschiedlich, aber das wird eine andere Geschichte…

Fortsetzung folgt.

Farewell & neue Ufer…

24 Sept

Auch schon über die längere Funkstille in letzter Zeit gewundert? Eigentlich hatte ich auch schon viel eher wieder etwas schreiben wollen, aber aufgrund einer größeren, anstehenden Veränderung in meinem Leben (Umzug) war mein Kopf irgendwie wie leer. Oder sollte ich doch besser sagen, dass mein Kopf vielmehr zu voll war? Voll mit Organisieren, voll mit aufräumen und entrümpeln, voll mit „wo bekomme ich noch dieses oder jenes her“ oder „um das und jenes muss ich mich auch noch kümmern“?

Kaum denkt man, dass die mehrmals wöchentliche Fahrerei zu Wertstoffhöfen oder caritativen Einrichtungen endlich ein Ende hat, kommt man drauf, dass bei der einen oder anderen Sache – sei es Nachsendeantrag oder der neue Telefonanschluss – das eine oder andere nicht so geklappt hat, wie gewünscht. Und so dreht man dann noch mal eine Schleife…

Und dann der Umzug selbst – trotz oben erwähnter mehrfach wöchentlicher Fahrerei zu Wertstoffhöfen oder caritativen Einrichtungen und etlichen Ebay-Auktionen waren es immer noch so viele Umzugskisten, dass ich (von der Schlepperei mal ganz abgesehen) fast erschrocken bin. Und dabei hatte ich mich doch für einen Ausstattungsminimalisten gehalten…
Und nein, die wenigsten meiner Kartons waren voll mit Klamotten und Schuhen.

Dennoch ist mir mal wieder so richtig bewußt geworden, was für ein Stress so ein Umzug eigentlich bedeutet. Kisten einpacken, Möbel zerlegen, einladen in den Umzugswagen, mit selbigem von A nach B fahren, ausladen (Schritte 3-5 beliebig oft wiederholen), Möbel zusammenbauen (Schritt 6 beliebig oft wiederholen), Möbel hinstellen, Möbel umstellen, Kisten auspacken…

Jedenfalls musste ich inmitten von diesem Chaos wieder an das Sprichrt denken: „Für jede Tür, die sich schliesst, öffnet sich eine andere!“ Manchmal neigt man aber mehr dazu, auf die geschlossene als auf die offene Tür zu sehen. Das führt dann häufig zu Verbitterung oder angestauter Wut, oder mitunter – in langfristiger Konsequenz – zu einer Depression.

Aber da ich meine Umzugsentscheidung ja sehr bewußt getroffen und das Umfeld auch sehr genau ausgewählt habe, freue ich mich nach den ganzen „Abschieden“ – von der alten Wohnung, dem alten Umfeld, der alten Stammkneipe und natürlich auch von dem ganzen entrümpelten Zeug – umso mehr auf die vielen „Hallos“ und „Willkommens“: Vor allem die neue Wohnung natürlich, der potentielle Stamm-Italiener um die Ecke wurde schon mehrfach beehrt (alleine, um die Wartezeit auf die neue Küche zu überbrücken), die ganzen Mitfahrer, die an der gleichen Station in die S-Bahn steigen, die neuen Läden, und jeder Spaziergang ist ein kleines Abenteuer der persönlichen Neuentdeckungen…

In diesem Sinne möchte ich Sie gerne einladen: Tun Sie doch jeden Tag mal etwas, was Sie noch nie getan haben. Es müssen ja nicht gleich die ganz großen Dinge sein, sondern könnte auch einfach bedeuten, beispielsweise mal einen neuen Laden zu betreten, bewußt einen Umweg zu fahren und so eine neue Strasse zu entdecken, oder Sie könnten ein Gericht aus der Speisekarte auswählen, dass Sie noch nie gewählt haben oder in der Ubahn einfach mal jemand Wildfremdes anlächeln.

Und dann schauen Sie, was dann passiert und wie es Ihnen dabei ergeht. Ich freue mich, wenn Sie Ihre Erlebnisse mit mir teilen!

Herzlichst,

Ihre Christina Bolte

Reisebegleiter

7 Apr

Heute bin ich eingestiegen – in den Zug, der mich ins Leben bringt.
Mit mir im „Abteil“ ein paar alte Hasen und ähnlich neu hinzu Gestiegene.
Wir kommen ins Gespräch, tauschen uns aus über die vorbeiziehende Landschaft,
das Leben „da draußen“ und die Leute in den anderen Abteilen.

Nächster Halt: Der eine oder andere verabschiedet sich.
Schade, trotz der kurzen Zeit waren es teilweise lieb gewonnen Fremde.
Gleichzeitig steigen wieder neue Menschen ein,
die sich freuen über ein nettes Wort oder ein offenes Ohr.

Tja, so schnell kann es gehen – dass man selbst zum alten Hasen wird…

FührungsKunst (1)

16 Aug

Im Mai nahm ich einen Tag an dem Kongress „Wirtschaft & Gesundheit“ der Akademie Heiligenfeld in Bad Kissingen teil.

Während vormittags das Programm eher aus Vorträgen bestand, war nachmittags Mitmachen angesagt – Workshop nannte sich das Ganze. Und obwohl ich ursprünglich an einem ganz anderen Workshop geplant hatte teilzunehmen, entschied ich mich spontan für eine Veranstaltung mit dem Titel „Spirituelles Selbstmanagement – Ein Weg zur Versöhnung von Macht und Liebe“.

Was mich genau bewogen hat, genau in genau diese Veranstaltung zu gehen, weiß ich nicht mehr genau, aber im Nachhinein muss es wohl Fügung gewesen sein. Oder besser: Führung – innere Führung.

Und damit ging es für mich auch gleich ins Thema, obwohl der Workshop-Titel zunächst erstmal keinen Zusammenhang zum Thema Führung vermuten ließ. Denn – so hieß es später im Verlauf des Workshops – für die „innere Führung“ empfänglich zu sein, gleicht es der genauen Einstellung, die er bedarf, um einen Radiosender einzustellen. Dieser wird zwar immer gesendet, wenn wir selbst aber auf der falschen Frequenz eingestellt sind, bekommen wir davon nichts mit. Um also Kontakt mit dem inneren Radiosender aufzunehmen, bedarf es ein wenig Training – und Innehalten, damit man auch mal kurz wahrnehmen kann, wer denn da überhaupt gerade so sendet. Und vor allem, dass auch der Körper und das Herz mal die Gelegenheit haben, zu erkennen, wie es sich anfühlt, wenn man die richtige Frequenz gefunden hat!

Zurück zum Selbstmanagement: Klar war uns allen, dass wer andere führt, zunächst einmal sich selbst „im Griff“ haben sollte. Was im Wesentlichen heißt, im Einklang mit sich selbst zu sein: Angefangen bei den eigenen Gefühlen und der eigenen Kommunikation (inklusive der Kommunikation nach innen!) über eigene klare Standpunkte und Ziele bis hin zur Klarheit über die eigenen Ressourcen und Handlungsmotive.

Denn wenn die Motive – so erörterten wir bei der Begriffsklärung der beiden Tabuthemen „Macht“ und „Liebe“ im Untertitel der Veranstaltung – Angst, Scham, Überheblichkeit oder Ähnliches sind, passiert es leicht, dass Macht – vor allem wenn diese ohne Liebe und Bewußtsein ausgeübt wird – bei anderen Menschen zutiefst verletzend wirkt. Und dort häufig das Gegenteil auslöst, nämlich Ohnmacht.

Außerdem wies die Referentin auf ein interessantes Wortspiel im Englischen hin, als wir über die 7 Chakren zu sprechen kamen. Chakra wird ja meist mit „Energie-Zentrum“ übersetzt, und bei gesunden Menschen sind die Chakren gut ausgeglichen, so dass ein optimaler Energiefluss gewährleistet ist. Auf Englisch heißen die Chakren sinnigerweise Centers of Power, was genauso gut mit „Macht-Zentrum“ übersetzt werden kann – nur wenn die Chakren gut ausgeglichen sind und so unsere Lebensenergie und Liebe (im Sinne von Wertschätzung) gut fliessen können, können wir optimal in unserer Macht stehen.

Wobei Macht hier im positiven Sinne gemeint ist. Nämlich im Sinne von Führung,  Klarheit und Verbundenheit mit der Allgemeinheit, und nicht im Sinne von Selbstverliebtheit und (andere) in die Irre führen. Und somit schliesst sich der Kreis wieder – zum Thema eingangs erwähnten Kontakt mit dem inneren Sender. Um für diesen die richtige Einstellung zu finden, bedarf es etwas Übung. Aber das ist ja mit allem so. Vor allem die Dinge, die in Richtung von Virtuosität und Kunst gehen.

Und so möchte ich diesen Beitrag mit einem Zitat von der Referentin, Frau Dr. Barbara von Meibom vom Berliner Institut für Führungskunst, beenden. Denn es fasst – wie ich finde – präzise und eloquent alle wesentlichen Aspekte des Workshops und gleichzeitig auch des Themas „Führung“ zusammen:

Wo Führung zur Kunst wird
Geschieht sie im Einklang mit
übergeordneten Gesetzmäßigkeiten
des Lebens, des Zusammenlebens und
des persönlichen Wohlbefindens.

Führungskunst gründet sich
in Selbstführung. Sie ist getragen von
einer Haltung der Wertschätzung
von sich, anderen und gegenüber
der natürlichen Mitwelt.

Führungskunst ist ein Weg
Verantwortung für sich und andere
zu übernehmen, in dem sich die
scheinbaren Gegensätze versöhnen,
wie zwischen:
Macht und Liebe
Wertschöpfung und Wertschätzung
Wissen und Weisheit
Führen und geführt werden
Effizienz und Nachhaltigkeit
Männern und Frauen
Wissenschaft und Spiritualität
Verändern und Bewahren 

Führungskunst bringt Schönheit hervor:
In uns
In unserem Zusammenleben
In unserem Zusammenwirken
Im gestalteten Raum
In unseren Organisationen
In unseren Produkten und Dienstleistungen
In unseren Städten
In unserer Umwelt.

Zur Inspiration:
„Spirituelles Selbstmanagement“ von Barbara v. Meibom,
erschienen 2009 im Kamphausen-Verlag, Bielefeld 

weitere Infos zum Thema unter http://www.communio-fuehrungskunst.de

Vom Zusammenhang zwischen Führung und Burnout

7 Jul

Führung – durch Zeiten der Veränderung und für die Wanderung auf dem Weg des Lebens

Bei den Worten Führen und Führung muss ich unwillkürlich an meine Erfahrungen aus meiner Zeit als langjährige Mitarbeiterin in einem Großkonzern denken – habe ich doch selbst hinreichende – aktive wie passive – Beispiele erleben dürfen. Jeder, der angestellt ist oder einmal war, wird diesbezüglich ähnliche Erfahrungen gesammelt haben, deshalb will ich auf diesen Aspekt an dieser Stelle gar nicht weiter eingehen.

Besonders gut lassen sich Führungsqualitäten, wie ich finde, allerdings bei Hunden beobachten, wie gut oder auch nicht diese den Anweisungen ihres Herrchens oder Frauchens folgen. Meistens folgen diese nur dann gehorsam, wenn die führende Person „weiß, wo es lang geht“ und deren Befehle entsprechend klar und sicher ausgeübt oder formuliert sind.

Aber Führung heißt mehr als Anweisungen oder Befehle austeilen. Sondern Führung bedeutet vor allem auch Vorbildfunktion auszuüben, in schwierigen Situationen oder Phasen der Veränderung vorangehen. Oder – wie der Management-Autor Winfried M. Bauer schon sagte:
„Wenn man Führer ist, muss man sich als solcher verhalten, d.h. immer drei Schritte voraus sein.“

Sei es in puncto Verhalten, persönliche Integrität, Disziplin, der oben genannten Klarheit oder Konsequenz. Denn wer andauernd heute „Hü“ und morgen „Hott“ sagt, dem ist schwierig zu folgen. Insofern hat Konsequenz (von lateinisch consequi „folgen“, „erreichen“) beim Führen auch sehr viel mit Durch-Führen zu tun und im letzten Schritt auch mit Ziel-Erreichung.

Gleichzeitig bedeutet Führung auch, Verantwortung zu übernehmen, sei es für die eigenen Handlungen und Ergebnisse oder die der anvertrauten Mitarbeiter. Interessanterweise beinhaltet das Wort Verantwortung auch ein anderes, welches ebenfalls sehr eng mit Führung zusammen hängt. Eine Führungskraft sollte nämlich auch Antworten haben, beispielsweise auf die Frage „wo es lang geht“ – oder wenn sie keine Antworten weiß, ganz einfach weil in neuen Situationen häufig alle gerade Neuland betreten, wenigstens dazu stehen. Denn nichts missfällt den Untergebenen mehr, als wenn der Chef so tut, aber keine Antworten hat.

Und damit kommen wir dann gleich zu einem weiteren Punkt:
Führung bedeutet auch Vertrauen – vor allem in Teamsituationen. Essentiell dabei ist, dass Führen nur über das Vertrauen derjenigen funktioniert, die geführt werden. Das frühere Verständnis eines Chefs mit Diktator-ähnlichem Gebaren ist da nicht wirklich dienlich. ….

Gleichzeitig muss und darf der Führende seinerseits darauf vertrauen, dass die delegierten Dinge bestmöglich erledigt werden. Tut er es nicht und meint, aus eigenem Perfektionsdrang heraus seine Untergebenen kontrollieren – oder noch schlimmer: selbst korrigieren – zu müssen, wird ehe dass er sich versieht eine ungute Spirale von Misstrauenskultur im gesamten Team genährt. Unter Umständen nähert er sich damit auch gleichzeitig seinem eigenen Burnout.

„Wer sich selbst nicht zu führen versteht, kann auch andere nicht führen.“
Alfred Herrhausen (1930-89, Bankier und Vorstandssprecher der Deutschen Bank)

Aber Führung muss nicht immer in Zusammenhang mit anderen Personen stattfinden, eine wichtige Voraussetzung, um andere zu führen, ist dabei auch die Selbstführung. Denn auch das eigene, innere Team will geführt werden. Das Team, bestehend aus den verschiedenen Persönlichkeitsanteilen, wie den Perfektionisten, den Faulen (der immer gerne Ausreden erfindet), den Aktiven, den Ungeduldigen (der am besten immer alles gleich sofort haben möchte), und (in meinem Fall) noch die „kleine Christina“, die am liebsten immer spielen möchte und ansonsten nur den Anspruch hat geliebt zu werden.

Natürlich bedarf es dazu einer gewissen Neutralität oder die Fähigkeit, wie aus einer Kamera-Perspektive zu erfassen, welcher der Team-Mitglieder bei den eigenen Handlungen gerade „am Werk“ ist. Und das ist nicht gerade einfach, denn jeder aus dem inneren Team möchte beachtet sein.

Und so ist es eine Gratwanderung, sich selbst zwischen Minderwertigkeitskomplex und Perfektionismus hindurch zu manövrieren. Das Fatale daran ist: Auf beiden Seiten des Grates kann am Ende der Burnout warten, denn sowohl Perfektionismus als auch die Suche nach Anerkennung sind häufig anzutreffende Beweggründe, um in eine solche Situation zu geraten. Das weiß ich aus eigener Erfahrung, als Mensch wie auch als Balance-Lotse®.

Lassen Sie mich dies kurz erläutern: Um nicht auf der einen Seite den Abgrund eines schwachen Selbstvertrauens hinabzustolpern, gab ich früher häufig mein Bestes und noch mehr, um mit einem erhaschten Lob mein Selbstwertgefühl zu steigern. Aus Angst, die anderen könnten mich nicht (mehr) mögen, tat ich so manches, was mir selbst und den meinen eigenen Werten eigentlich widersprach. Natürlich tue ich heute nach wie vor mein Bestes, aber nur so lange es mit meinen Werten im Einklang ist.

Auf der anderen Seite des Grates lauert die Perfektionsfalle: Unter extrem hohen Zeitaufwand werden die zu erledigenden Dinge bis ins kleinste Detail ausgefeilt oder – wie oben geschildert – die Arbeit anderer nachkontrolliert, mit dem unangenehmen Nebeneffekt, dass für andere, mitunter wirklich wichtige Dinge die Zeit fehlt – und das Hamsterrad sich dadurch noch schneller dreht.

„Ein Führer ist jemand, der vor seinen Leuten hergeht, doch nicht weiter, als er ihre Fußtritte hören kann.“ (Tommy Lasorda, nähere Autorenangaben nicht feststellbar)

Um in schwierigen Zeiten durch diese Gratwanderung heil hindurch zu kommen oder – besser noch – bereits präventiv auf „einfachem Terrain“ schon ein wenig Trittsicherheit auf dem Grat der Selbstführung zu erlangen, bedarf es manchmal eines guten Bergführers. Im Fall unseres Selbstführungs-Grates kann dies zum Beispiel ein Burnout-Lotse® sein.

Dieser hat im Normalfall eine extrem gute Ortskenntnis und kennt die einen oder anderen technischen Tricks und Kniffe, die das Passieren des Grates vereinfachen. Manchmal reicht auch schon die achtsame Präsenz einer erfahrenen Person, um dem Gratwanderer entsprechende Sicherheit zu geben.

Und so möchte ich Sie einladen: Sehen Sie den Weg auf dem Pfad oder Grat Ihres Lebens als Spiel. Gehen Sie ihn mit Hingabe und Vertrauen – denn wenn Sie jeden „Fehler“ (was auch immer das sein mag) als Abenteuer oder Spiel, in jedem Fall aber als Lernmöglichkeit sehen, so können Sie ein Stolpern oder Abrutschen in gewisser Hinsicht genießen.

Wenn Sie Unterstützung brauchen, sprechen Sie mich an: post@geh-heim-weg.de.