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In die Welt bringen

18 Apr

Diesen Beitrag hielt ich als Danksagung seitens der Studierenden am 16.03.2016 anlässlich meiner Sponsion (feierliche Zeugnisübergabe) vor ca. 300 Gästen an der Universität in Salzburg:

 

Liebe Absolventinnen & Absolventen,
Liebe Angehörige, liebe Gäste,
liebe Dozierende & liebe Lehrgangsbegleiter & Universitätsmitarbeitende
und natürlich ganz besonders liebe Studienkolleginnen und –kollegen des ULGs Spirituelle Theologie im interreligiösen Prozess.

Fast auf den Tag genau ist es drei Jahre her, dass sich 31 bunt gemischte Individuen zu ihrem ersten Studientag in St. Virgil trafen. Und dadurch fallen wir aus dem Rahmen: Nämlich die Zusammen­setzung dieser 31 Individuen war sehr ungewöhnlich: Während unsere jüngsten Teilnehmerinnen mit damals Mitte 20 noch so eben in einem Alter waren, in dem man üblicherweise studiert, waren unsere ältesten Teilnehmer schon in einem Alter, in dem andere Menschen in Pension gehen. Und dazu waren wir auch noch völlig verschiedener beruflicher und geografischer Herkunft. Und damit haben wir einige Dozierende vor ziemlich große Herausforderungen gestellt, weil wir viele neugierige Fragen vor unserem jeweiligen Background stellten.

Fast auf den Tag genau ist es aber auch drei Jahre her, dass wir – kaum dass wir unseren Universitätslehrgang begonnen hatten – auch schon beinahe wieder ertrunken wären. Ertrunken in den Tsunami-artig assoziierten Wissensmengen über die Basics der christlichen Theologie, denen uns Herr Prof. Dr. Paul Imhof aussetzte. Das ist jetzt ein kleiner Insider, aber ich bin mir sicher, Tsunamis dieser Art gibt es in jedem Studiengang…

Im Verlaufe unseres dreijährigen Studiums lernten wir nicht nur viel über die theoretischen Wurzeln unseres christlichen Glaubens, sondern der ULG brachte uns auch in Berührung mit der einen oder anderen ungewohnten Erfahrung, die wir im Gebet, in der Begegnung und in der gemeinsamen Praxis mit Andersgläubigen machen durften. Unvergessen sind mir die Exerzitientage in Niederaltaich, die uns den monastischen Tagesablauf und die ostkirchlichen Traditionen näher brachten. Unvergessen ist mir aber auch Herr Stanfel, der muslimisch-österreichische Musiker, der begleitet von seinen orientalischen Musikinstrumenten, das muslimische Glaubens-bekenntnis für uns jodelte und uns so zeigte, dass „das Andere“ und „das Eigene“ kein Widerspruch sein müssen.

Das alles hat in mir – und wie ich aus Gesprächen mit Euch, liebe WegbegleiterInnen, weiß, bin ich damit nicht alleine – verschiedene Schubladen geöffnet: Gedankliche Konstrukte und Konzepte, von denen mir nicht mal bewusst war, dass ich sie hatte. Von denen ich im Laufe des Uni-Lehrgangs zunehmend merkte, dass sie mit der Zeit immer überflüssiger wurden, weil ich feststellte, dass hinter den Polaritäten mit denen wir heute leben, wie z. B. Mann – Frau, wir – die anderen, Christ, Moslem, Jude oder Hindu, dass dahinter letzten Endes immer Menschen stehen. Menschen, die sich trotz ihrer Verschiedenartigkeit in ihren Wünschen, Sorgen und Nöten gar nicht so sehr voneinander unterscheiden.

Wir leben in einer Zeit, in der die Welt immer dichter zusammenrückt, in der wir direkt vor unserer Haustür mit „Fremden“, manchmal auch mit „Andersgläubigen“ konfrontiert sind, was vielen von uns Angst macht, weil es unsere Weltbilder in Frage stellt. Umso wichtiger sind in dieser Zeit Brücken­bauer, die bereits die einen oder anderen gedankliche Mauern und Schubladen öffnen konnten und durch Einblicke in verschiedene Kulturen diese Weltbilder für sich verbunden oder geweitet haben. Dazu können wir – aber natürlich nicht nur wir – AbsolventInnen der Spirituellen Theologie im Interreligiösen Prozess einen Beitrag leisten.

Wir leben in einer Zeit, in der wir stolz darauf sind, wenn wir unser Leben im Griff haben und uns als „Krone der Schöpfung“ die Flora und Fauna Untertan machen. – Gleichzeitig müssen wir immer wieder hilflos zusehen, wenn persönliche Schicksalsschläge, Krankheiten oder Naturkatastrophen uns fassungslos machen und uns mitunter demütig werden lassen. In solchen Krisen ist es der Rückgriff und die Anbindung an etwas, das größer ist als wir, das uns in solchen Situationen Halt gibt und uns neue, kreative Lösungsansätze entwickeln lässt. Für manche Menschen ist dies die Natur, für andere die Familie und für wieder andere das Göttliche. Was auch immer es ist, lassen Sie uns gut darauf aufpassen.

Wir leben in einer Zeit, die uns vor immer komplexere Schwierigkeiten und Fragestellungen stellt. Die mitunter nicht in einzelnen Strukturen oder Verantwortungs-bereichen verortet werden können. Deshalb möchte ich abschließen mit der Feststellung, dass die Welt meiner Meinung nach keine weiteren Silo-Fürsten oder Mauern-Bauer braucht, sondern Menschen, die selbstbewusst und beherzt über ihren Tellerrand hinausschauen und, das Größere im Blick habend, den Menschen in den Focus ihres Handelns stellen. Vor allem aber braucht es Menschen, die lieber MIT den anderen reden als ÜBER sie. Und diese Fähigkeit, ist letztendlich unabhängig von der Studienrichtung, den wir Absolventinnen und Absolventen heute beendet.

Bevor ich ende, möchte ich mich bedanken, auch im Namen aller anwesenden Absolventinnen und Absolventen, bei allen, die uns das Studieren ermöglicht haben. An erster Stelle sind dies natürlich unsere Familien und Partner, die mit viel Liebe, Geduld und Toleranz unsere Anwesenheit hier vor Ort und die weitere Beschäftigung mit unseren Studieninhalten unterstützt haben, indem sie uns zu Hause entbehrten. Darüber hinaus sind das natürlich neben den Dozentinnen und Dozenten, Master­arbeitsbetreuern und Doktorvätern, Lehrgangsbegleitern auch die anderen Mitarbeitenden der Universität, die die ganze universitäre Infrastruktur aufrechterhalten. Dazu gehört auch eine politische Situation, die es uns erlaubt, dass wir uns um solche Themen überhaupt kümmern wir uns nicht, wie in anderen Ländern, um unser Überleben kümmern müssen. Aber natürlich gebührt auch ein Dank dem einen oder anderen Geldgeber, seien es Arbeitgeber, Freunde, Ehepartner oder die Salzburger Nachrichten oder auch der Staat und Stipendienstiftungen, die dem oder der einen oder anderen ganz oder teilweise die Studiengebühren gezahlt oder auf andere Weise das Studium finanziert haben.

„Es ist nicht genug, zu wissen, man muß auch anwenden; es ist nicht genug, zu wollen, man muß auch tun.“
So sagt schon der alte Goethe  in seinem Werk: Wilhelm Meisters Wanderjahre und so ähnlich haben wir auch gerade in der Formel bei der Zeugnisübergabe feierlich gelobt. Deshalb wünsche ich mir und allen Absolventinnen und Absolventen in diesem Sinne, dass es uns gelingen möge, unser Wissen, unsere Fähigkeiten und vor allem unsere Leidenschaft und unser Herzblut im eben genannten Sinn in die Welt zu bringen.

Vielen Dank

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Erntedank

4 Okt

Neulich war ich bei meiner „Schwiegerfamilie“ im Pongau (Österreich), wo an dem Tag bereits Erntedank gefeiert wurde. Obwohl ich das Erntedankfest bereits aus meiner Kindheit kenne, hatte ich bisher immer die Assoziation, dass es sich eher um ein Fest für die Landbevölkerung handelt – oder für die Kirchgänger. Wobei ich mich eigentlich keiner der beiden Gruppen wirklich zugehörig fühl(t)e.

Aber nachdem wir ja nun in diesem Jahr ebenfalls unter die „Ackerbauern“ gegangen sind, habe ich erstmals ganz andere Gedanken dazu – vor allem, weil wir auf unserer Ackerfurche ja eigentlich schon seit Wochen regelmäßig Gemüse (vor allem Zucchini) ernten. Und so machte ich mir eben ein paar Gedanken darüber, was ich bereits alles in diesem Jahr ernten konnte.

Zunächst einmal war da auch so manche „Ernte“, die mir mit relativ wenig Aufwand zugefallen ist. Der Kürbis und die Petersilienwurzel von unseren Feldnachbarn beispielsweise, wo ich einfach nur zur richtigen Zeit am richtigen Ort war. Praktisch, oder? Aber auch so das eine oder andere, was unerwartet mein Geschäft belebte. Für solche „Zu-Fälle“ im Sinne des Wortes bin ich natürlich besonders dankbar.

Außerdem gibt es dann natürlich noch all die sicht- und essbaren Ergebnisse, an denen ich sehe, dass sich mein Engagement letztlich gelohnt hat: die Zucchini, die Karotten, Bohnen und auch der Mangold. Aber auch im beruflichen Bereich freue ich mich nun über das eine oder andere Projekt, in dessen Vorbereitung und Akquise ich viel Zeit, Geld & Herzblut investiert habe.
Als Unternehmer denkt da man natürlich eher: „Das ist doch kein Wunder, so viel Arbeit wie ich in dieses Projekt hineingesteckt habe, das musste ja erfolgreich werden!“

Dennoch ist meiner Meinung nach eine üppige Ernte aber eben nur zum Teil Resultat & Erfolg des eigenen Handelns, sondern zum Teil auch eine Verkettung günstiger Umstände, das heißt eigenes Handeln PLUS (göttlicher) Fügung.

So zum Beispiel sind weder meine Küchenkräuter noch meine Radieschen etwas geworden – und das, obwohl ich regelmäßig gegossen und Unkraut gejätet habe. Ob es dem späten Bodenfrost im Mai oder der Hitzeperiode im Juni geschuldet war, ist letztendlich im Endergebnis auch egal. Tja, und so ähnlich ist es mir auch mit einem meiner beruflichen Projekte gegangen: Trotz all der Arbeit und der Werbung, die ich hineingesteckt habe, war die Resonanz nicht so wie ich sie mir erhofft hatte.

Tja, und so bleibt jeder Erfolg eben doch auch ein kleines Bisschen Geschenk, das uns zuteil wird. Und dafür kann man ruhig auch mal Danke sagen. Egal, ob bei sich selbst, bei denjenigen Menschen, die einen unterstützt haben oder beim Universum. Der Gedanke zählt, und ich bin mir sicher, er wird den richtigen Adressaten erreichen.

In diesem Sinne danke ich auch Ihnen fürs Lesen!

Einen schönen Herbst mit viel Fülle wünscht

Christina Bolte

Grüße aus der Vergangenheit (1)

19 Mär

Kennen Sie auch solche Phasen, in denen sich manche „Dinge“ oder Ereignisse häufen? So völlig plötzlich aus der Luft gegriffen und ohne Vorankündigung? Vorher passierte nichts dergleichen, und nachher ist auch wieder alles wie gewöhnlich – wobei, wie vorher ist es nicht mehr…

Neulich hatte ich auch mal wieder so eine Phase von „ungewöhnlichen Häufungen“, die mit einem simplen Telefonanruf begann. Nichtsahnend (die angezeigte Rufnummer war mir nicht bekannt) ging ich ans Telefon, als mich eine mir bekannte aber nicht sofort zuzuordnende Stimme begrüßte: „Hey, Christina, wie geht’s, hier ist der Andreas.“*

Andreas, der Traum meiner schlaflosen Nächte in meiner Studienzeit. Seit mindestens drei Jahren hatten wir nichts mehr voneinander gehört, und seit über zehn Jahren hatten wir uns auch nicht mehr gesehen. Wieso also jetzt? Dabei hatte ich ein paar Wochen zuvor sogar an ihn denken müssen, weil ich zu Besuch in einer anderen Stadt war und in der gleichen Straße über- nachtet hatte, wie seine Schwester früher gewohnt hatte (damals schrieb man noch Briefe, von denen mir einer letztes Jahr beim Umzug in die Hände fiel, daher war mir die Anschrift wieder in Erinnerung gewesen….)

Nun rief er also an. Der gleiche altbekannte Tonfall, die gleichen wohlbekannten Sprüche (zumindest von der Art her) – die ich zwar damals toll fand, aber von denen ich nun am Telefon wahrnahm, dass sie auf mich eher „fassadenhaft“ und ohne echte Emotionen wirkten. Seine Feststellung, ich hätte mich überhaupt nicht verändert (was nachweislich nicht stimmt, da ich in den letzten Jahren so ziemlich alles in meinem Leben umgekrempelt habe), traf mich tief.
Wir hatten im Wesentlichen über Platitüden oder Vergangenes gesprochen. Dennoch war ich nach dem Gespräch noch eine Zeit lang verwirrt – und fragte mich, was für eine Botschaft mir das Gespräch zu geben hatte (eine Angewohnheit, die ich mir vor einigen Jahren zugelegt hatte).

Immerhin, das Gespräch über die Vergangenheit weckte auch vieles lange Vergessene: Die emotionale Kälte mit der er mich damals – bewußt oder unbewußt – abblitzen liess. Seine überaus verhaltene Reaktion nach meiner Rede, die ich als Vertreterin der Studierendenschaft für die Abschlussfeier seines Jahrgangs hielt (und wegen der ich vor lauter Nervosität fast in Grund und Boden versunken bin, immerhin waren im Publikum gut 350 Leute gewesen). Wie sehr hätte ich mir damals gewünscht, ein kurzes Wort der Anerkennung aus seinem Munde zu hören? Viele seiner Jahrgangkollegen hatten sich bei mir für meine Worte bedankt – aber genau er, von dem ich mir ein ehrlich gemeintes Lob so sehr erhofft hatte, sagte — Nichts.

Die Erinnerung an diese (zugegebenermaßen) schmerzliche Begebenheit vor gut 17 Jahren liess mich grinsen. Wie sehr hatte ich mich damals von der Meinung und dem Lob meines großen Helden abhängig gemacht? Und wie sehr hatte ich mich klein und unzulänglich gefühlt, weil ich seine Anerkennung nicht bekam. Wenn ich ehrlich bin, gab es damals außer Andreas auch noch etliche andere Menschen, die diese Gefühle und Gedanken bei mir ausgelöst hatten.

Heute weiss ich, dass es kein Wunder war, dass ich früher oder später in einen Burnout rutschen musste, wenn ich rackerte wie blöde um anderen Menschen für meine Leistung eine Anerkennung oder ein Lob abzuringen, das ich brauchte um mich selbst wert-zu-schätzen. Und das in unserer deutschen Gesellschaft, in der nicht g’schimpft ohnehin schon Lob g’nug ist…

Danke, Andreas, dass Du mich mit Deinem Anruf und unserem kurzen Gespräch an diese Erkenntnis erinnert hast, und daran, dass ich eine solche Situation nie wieder erleben möchte.

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*aus Gründen der Anonymität sei hier ein Kunstname verwendet