Es gab einmal eine Zeit vor einigen Jahren, da empfand ich mein Leben als täglichen Kampf. Ich befand mich in einem beruflichen Umfeld, das sehr männerdominiert war und in dem deshalb ein recht rauer Umgangston herrschte.
Um „meinen Mann zu stehen“ reihte ich mich ein in die Gepflogenheiten: „Wichtiges“ und richtiges Outfit waren Kostüm und Jackett. Im täglichen Umgang galt: Bloß keine Schwäche zeigen, und Gefühle schon mal gleich erst recht nicht. Wenn man mit jemandem gut konnte, durfte man auch schon mal den einen oder anderen (bestenfalls nur) blöden oder ironischen, schlechtestenfalls auch zynischen Spruch austauschen.
Etliche Jahre hat mir das sogar auch Spass gemacht, mich täglich neuen Herausforderungen zu stellen, und durch die jahrelange Übung war ich auch gar nicht mal so schlecht, denke ich. Aber irgendwann war es mir zu anstrengend.
Denn es war etwas passiert, was mich völlig aus dem Konzept brachte: Ich „verirrte“ mich auf den Jakobsweg. Natürlich verirrte ich mich nicht wirklich, denn ich entschied mich – nach der Lektüre von HaPe Kerkelings „Ich bin dann mal weg“ – schon recht bewußt dafür – allerdings ohne eine genaue Vorstellung davon zu haben, worauf ich mich einlassen. Und das war – der Weg.
Auf dem Jakobsweg begegneten mir viele Menschen, die so ganz anders „drauf“ waren als ich. Nicht nur vom beruflichen oder sozialen Hintergrund sondern auch mental, von ihrer Einstellung her. Aber darum soll es hier und heute auch gar nicht gehen, denn darüber habe ich ausführlich in meinem Buch „Burnout – Vom Jakobsweg zurück ins Leben“ geschrieben.
Was die vielen Begegnungen auf dem Jakobsweg allerdings völlig von meinem damaligen Alltag unterschieden, war die unglaubliche „Tiefe“ der Gespräche, die sich mir innerhalb unglaublich kurzer Zeit offenbarte. Was meine ich mit Tiefe? Nun, die Menschen unterwegs (zumindest die wenigsten) waren innerhalb von sehr kurzer Zeit in der Lage, sehr persönliche Dinge von sich preis zu geben, erzählten über Schicksalsschläge, Krankheiten und andere schwierige Situationen, mit denen sie sich gerade im Leben konfrontiert sahen und die sie veranlasst hatten, sich auf den Weg zu machen. So hatte auch ich die Möglichkeit, mich zu ohne meine gewohnte Maske (man könnte auch sagen: Rüstung) zu zeigen, ich selbst zu sein. Erstmals ließ ich es auch zu, dass sich (meine) tief vergrabene(n) Gefühle zeigen konnten – und merkte, wie wohltuend und erleichternd es war, keine „Rolle“ mehr zu spielen.
Doch dann war meine Reise wieder zu Ende, und ich ging wieder an meinen alten Arbeitsplatz zurück. Naturgemäß fand ich es sehr befremdlich, mich auf einmal wieder in das altbekannte „Korsett“ einzustellen – zumindest empfand ich die oben geschilderten Gepflogenheiten nun als solche. Es war, als ob ich – nachdem ich eine Weile die Leichtigkeit und Flexibilität eines Lebens ohne Ritterrüstung genossen hatte – dieses sperrige und vor allem starre Konstrukt wieder anlegen musste, um in der nächsten Schlacht bestehen zu können. Falls nicht, befürchtete ich zumindest, ähnlich einem heranwachsenden Krebs, der für kurze Zeit seine Hülle ablegt und die kurze Zeit, bis die neue Hülle sich gefestigt hat, nun weitestgehend nackt und verletzlich da zu stehen.
Zwar verhielt ich mich im Großen und Ganzen konform zu den oben geschilderten Gewohnheiten, die nun nicht mehr so ganz die meinen war, vor allem in größeren Runden und Besprechungen. Denn zumindest der Dresscode war nun etwas, was mir wenig innere Konflikte bereitete.
Aber in der weiteren Zeit an dieser Arbeitsstelle (es waren noch einige Jahre, bis mir die Hülle endgültig zu eng wurde) machte ich zu meiner Überraschung einige Entdeckungen. Ich nannte diese übrigens auch „Feldversuche“:
Gelegentlich hatte ich auch Arbeitsgespräche mit einigen Kollegen zu zweit, und in solchen Runden traute ich mich dann immer öfter, mein „Visier“ zu öffnen und mich nicht als Stelleninhaber meiner beruflichen Position (Controller, wer mag die schon?) sondern als Mensch zu zeigen. Soll ich Ihnen etwas sagen, es ist nicht ein einziges Mal ausgenutzt worden! Im Gegenteil, sehr oft wurde meine Offenheit zu meiner Überraschung sogar auch erwidert.
Ganz besonders im Gedächtnis geblieben ist mir eine Situation, als ich mit einem Kollegen bei einem Kaffee ein Gespräch führte. Eigentlich hatte ich mich gar nicht so auf das Gespräch gefreut, im Gegenteil, ich hatte eher mit einem mulmigen Gefühl zugesagt, denn ich hatte den Kollegen bisher eher als „schwierig“ in diversen größeren Runden wahrgenommen. Damals (und das tue ich auch heute sehr häufig noch) trug ich einen relativ großen Schmuckstein als Anhänger um den Hals. Können Sie sich vorstellen, wie blöd ich geschaut hatte, als eben dieser scheinbar so schwierige Kollege relativ zum Ende unseres Gesprächs einen Hämatit aus der Hosentasche zog und mir sagte, dass dies sein Glücksstein wäre, den er immer für schwierige Situationen dabei hätte?
Nun denn – damals gelangte ich zu der Erkenntnis, die ich auch heute noch vertrete: Wenn Dir etwas nicht gefällt, ist es an Dir dies zu ändern. DU bist der- oder diejenige, die den ersten Schritt dazu tun muss. DU bist der- oder diejenige, der/die zuerst sein Visier hochklappen muss.
Natürlich nicht immer und vor allem nicht in jeder Situation – aber immer öfter.
Ich jedenfalls habe es – trotz allem, dass ich mich im Großen und Ganzen nicht mehr wohlgefühlt habe in dieser Unternehmenskultur – als sehr bereichernd wahrgenommen, die teilweise langjährigen Arbeitskollegen auf einer neuen Ebene kennenzulernen und so in meinem kleinen Mikrokosmos eine andere (Arbeits-)Atmosphäre zu schaffen.
Heute habe ich mir – auch unabhängig vom Camino – viele tiefsinnige Begegnungsmöglichkeiten in meinem Alltag geschaffen, auch im beruflichen Umfeld. Nicht nur dadurch finde ich meinen neuen Alltag um ein Vielfaches bereichernder als den damaligen.
Ich wünsche Ihnen, dass auch Sie in Ihrem Leben und in Ihrem Umfeld einen Unterschied machen können. Versuchen Sie es, es lohnt sich!
Ihre Christina Bolte
Ach ja, wenn auch Sie Ihr Leben als täglichen Kampf empfinden – dann ist der/die KURS „Veränderung“ das richtige für Sie. Sie erhalten Hilfsmittel und Werkzeuge an die Hand und üben auch deren Gebrauch, damit Sie sich im Alltag besser schlagen können.
Aktuell beginnt wieder ein neuer Kurs, aber auch laufend ist ein Einstieg möglich.