Tag Archives: Arbeit

Null oder Eins?

12 Aug

Diesen Beitrag hielt ich am 23.07.2018 in freier Rede, so oder so ähnlich, im Toastmasters Club Speakers Corner in München:

Wer von Ihnen kennt das: Beim Frühstück oder im Urlaub am Firmen-Smartphone noch schnell Emails checken? Am Wochenende mit dem Büro-Laptop von zu Hause aus schon mal die Präsentation für den Montag vorbereiten?

Dank moderner Technologien und flexibler Arbeits(zeit)-Modelle verschwimmen die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit zunehmend, und das nicht nur für Selbständige, Geschäftsführer oder Führungskräfte, sondern immer mehr auch für „normale“ Angestellte. WLAN ist allgegenwärtig, Menschen sind zunehmend über Soziale Netzwerke miteinander und überhaupt mit der ganzen Welt verbunden.

Dank neuer Technologien ist es möglich, gemeinsam und ortsunabhängig an gemeinsamen Projekten zu arbeiten. Voraussetzung für diese Art von Vernetzung ist die Digitalisierung. Was zahlreiche Vorteile mit sich bringt, hat auch ein paar Facetten, über die es sich lohnt nachzudenken.

In diesem Beitrag möchte ich beleuchten:

  1. Was Digitalisierung überhaupt ist und
  2. welche Auswirkungen sie auf die Arbeitsbedingungen hat.
  3. habe ich 3 Tipps für Sie, wie Sie sich dafür rüsten können.

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Erntedank

4 Okt

Neulich war ich bei meiner „Schwiegerfamilie“ im Pongau (Österreich), wo an dem Tag bereits Erntedank gefeiert wurde. Obwohl ich das Erntedankfest bereits aus meiner Kindheit kenne, hatte ich bisher immer die Assoziation, dass es sich eher um ein Fest für die Landbevölkerung handelt – oder für die Kirchgänger. Wobei ich mich eigentlich keiner der beiden Gruppen wirklich zugehörig fühl(t)e.

Aber nachdem wir ja nun in diesem Jahr ebenfalls unter die „Ackerbauern“ gegangen sind, habe ich erstmals ganz andere Gedanken dazu – vor allem, weil wir auf unserer Ackerfurche ja eigentlich schon seit Wochen regelmäßig Gemüse (vor allem Zucchini) ernten. Und so machte ich mir eben ein paar Gedanken darüber, was ich bereits alles in diesem Jahr ernten konnte.

Zunächst einmal war da auch so manche „Ernte“, die mir mit relativ wenig Aufwand zugefallen ist. Der Kürbis und die Petersilienwurzel von unseren Feldnachbarn beispielsweise, wo ich einfach nur zur richtigen Zeit am richtigen Ort war. Praktisch, oder? Aber auch so das eine oder andere, was unerwartet mein Geschäft belebte. Für solche „Zu-Fälle“ im Sinne des Wortes bin ich natürlich besonders dankbar.

Außerdem gibt es dann natürlich noch all die sicht- und essbaren Ergebnisse, an denen ich sehe, dass sich mein Engagement letztlich gelohnt hat: die Zucchini, die Karotten, Bohnen und auch der Mangold. Aber auch im beruflichen Bereich freue ich mich nun über das eine oder andere Projekt, in dessen Vorbereitung und Akquise ich viel Zeit, Geld & Herzblut investiert habe.
Als Unternehmer denkt da man natürlich eher: „Das ist doch kein Wunder, so viel Arbeit wie ich in dieses Projekt hineingesteckt habe, das musste ja erfolgreich werden!“

Dennoch ist meiner Meinung nach eine üppige Ernte aber eben nur zum Teil Resultat & Erfolg des eigenen Handelns, sondern zum Teil auch eine Verkettung günstiger Umstände, das heißt eigenes Handeln PLUS (göttlicher) Fügung.

So zum Beispiel sind weder meine Küchenkräuter noch meine Radieschen etwas geworden – und das, obwohl ich regelmäßig gegossen und Unkraut gejätet habe. Ob es dem späten Bodenfrost im Mai oder der Hitzeperiode im Juni geschuldet war, ist letztendlich im Endergebnis auch egal. Tja, und so ähnlich ist es mir auch mit einem meiner beruflichen Projekte gegangen: Trotz all der Arbeit und der Werbung, die ich hineingesteckt habe, war die Resonanz nicht so wie ich sie mir erhofft hatte.

Tja, und so bleibt jeder Erfolg eben doch auch ein kleines Bisschen Geschenk, das uns zuteil wird. Und dafür kann man ruhig auch mal Danke sagen. Egal, ob bei sich selbst, bei denjenigen Menschen, die einen unterstützt haben oder beim Universum. Der Gedanke zählt, und ich bin mir sicher, er wird den richtigen Adressaten erreichen.

In diesem Sinne danke ich auch Ihnen fürs Lesen!

Einen schönen Herbst mit viel Fülle wünscht

Christina Bolte

Was Arbeitsteilung mit dem Jakobsweg zu tun hat

17 Feb

Wie ich bereits in dem einen oder anderen Beitrag durchblicken liess, bin ich ein begeisterter Anhänger des Jakobsweges (um nicht zu sagen, der Pilger-Virus hat mich erwischt…)
Bereits bei meiner ersten Jakobsweg-Erfahrung 2007, bei der ich mit dem Fahrrad unterwegs war, aber noch viel mehr bei meinem späteren Pilgerwegen zu Fuß fiel mir auf, wie unterschiedlich die Wegmarkierungen angebracht waren.

Jakobsmuschelsymbol

By Waldschmidt (Own work), via Wikimedia Commons

Diese bestehen üblicherweise, mit Ausnahme von handgemalten oder künstlerisch gestalteten Exemplaren, aus stilisierten Muschel-Symbolen wie beispielsweise dieser sogenannten „Euro-Muschel“, die bis auf lokale Ausnahmen sogar quasi international vereinheitlicht ist. Darüber hinaus weisen den Pilgerinnen und Pilgern insbesondere auch in Spanien noch gelbe Pfeile den Weg, die auf Straßen, Laternen-Masten oder Wände gemalt sind.

Vor allem diese Pfeile waren es, die mir nicht nur über hunderte von Kilometern wortwörtlich den Weg wiesen, sondern mich auch gedanklich begleiteten. Denn zwar waren die Pfeile, sofern sie nicht von parkenden Autos oder Bauarbeiten verdeckt wurden, alle gelb und somit auch bei regennassem Untergrund gut als solche zu erkennen. Jedoch variierten sie in der Sorgfalt, mit der sie aufgemalt schienen – mal sorgfältig und mit viel Liebe zum Detail bis in die letzte Ecke oder Pfeilspitze ausgefüllt, mal eher lieblos und nur wie „flüchtig hingehuscht“.

So ist es nicht verwunderlich, wenn Menschen wie mir, mit jahrzehntelanger betriebs-wirtschaftlicher oder industrieller Prägung, sich die Frage aufdrängte, ob es immer die gleiche Person war, die diese Pfeile an deren Ort und Stelle gemalt hatte oder ob es verschiedene Menschen waren, die immer nur in der Nähe ihres Wohn- bzw. Arbeitsortes ein paar Pfeile angebracht hatten.

Da ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, dass irgendein armer Pilger zusätzlich zu seinem normalen Pilgergepäck über mehrere Hundert Kilometer auch noch einen 10kg-Eimer mit gelber Farbe mit sich auf dem Camino herumträgt, oder sich eine Gruppe von Pilgern zu diesem Zwecke abwechselt, nur um diese Wegmarkierungen zu machen und dabei zwischen- durch immer wieder in irgendwelche textlichen Wegbeschreibungen zu schauen, die mit ziemlicher Sicherheit vorliegen, halte ich eher die zweite genannte Alternative für plausibel. Außerdem würden sicherlich auch rein betriebswirtschaftliche Gründe für diese sprechen. Was auch die Verschiedenartigkeit und gelegentliche Lieblosigkeit der Pfeile erklären würde.

Immerhin würde die letzte Variante ja bedeuten, dass diese verschiedenen Menschen, die vermutlich noch nie gepilgert waren, immer nur den Auftrag hatten, eine handvoll Pfeile in einem begrenzten Umkreis zu malen und so nie den Gesamtkontext ihrer Arbeit kennenlernten oder die Bedeutung für andere (in diesem Fall: die Pilger) erfuhren. Wenn ich den Auftrag bekäme, „irgendwelche“ Pfeile auf irgendwelche Flächen zu malen ohne dass ich deren Sinn und Zweck wüßte, ich hielte es für einen besseren Scherz – selbst wenn ich dafür bezahlt würde.

Sicherlich hätte es geholfen, wenn die beauftragten Arbeiter bereits selbst einmal gepilgert waren, denn dann hätten sie ein Gespür für „das Große und Ganze“ oder die Wichtigkeit ihrer Arbeit entwickelt. Wie auch einige Wirtsleute, deren Herbergen oder Restaurants quasi am Weg lagen, die Bedürfnisse ihrer Kunden viel besser kannten, wenn sie bereits selbst einmal gepilgert waren, und dadurch im Allgemeinen eine spürbar deutlichere Service-Orientierung aufwiesen…

Möglicherweise denken Sie nun, was das denn für Luxus-Probleme sind, über die ich heute schreibe. Ja, möglicherweise haben Sie damit auch in gewisser Hinsicht recht. Aber sind das nicht genau solche Luxus-Probleme oder diejenigen Gedanken, die man sich über andere macht, wenn man stundenlang mit offenen Augen und offenem Herzen durch die Gegend läuft – ohne Telefon oder Musik auf den Ohren zu haben. Oder Gedanken, die uns manchmal auch in Bezug auf unsere eigene Arbeit kommen? Was genau ist denn überhaupt der Beitrag meiner eigenen „kleinen Arbeitsaufgabe“ fürs Große und Ganze? Und ergibt diese einen Sinn, der länger überlebt als nur die nächsten zwei bis drei Wochen?

Dieses Gefühl von Kohärenz, Sinn und Selbstwirksamkeit wiederum trägt – wie A. Antonovsky, der „Vater der Salutogenese“ feststellte – zur Förderung der Gesundheit bei und steigert die Resilienz, also die Widerstandskraft des Menschen im Umgang mit Krisen.

Und so gesehen ist für Menschen, die sich noch nie über so scheinbar sinn-lose Frage-stellungen Gedanken gemacht haben, auch das Pilgern selbst ein Luxus-Problem, das viel Kopfschütteln erzeugt. Oder warum sonst sollte man mit begrenztem aber dennoch auf Dauer schwerem Gepäck wochenlang durch die Gegend laufen, wenn es doch viel bequemere Transportmittel gibt um von A nach B zu kommen? Warum sonst sollte man es sich antun, mit Horden an schnarchenden Menschen in einfachen Herbergen zu übernachten oder mit Dutzenden von stark riechenden Menschen vor den sanitären Einrichtungen warten, wenn man zu Hause ein deutlich komfortableres Heim hat?

Ganz einfach, weil die Wege da sind. Oder wie ich in einem (ziemlich langen) Gedicht von Roland Jourdan (2002) im Internet fand, das ich hier deshalb nur ausschnittsweise zitieren möchte:
„Pilgern ist Leben auf dem Standstreifen.
Keine Hetze. Kein Getrieben-Sein von Terminkalender und Telefon.
Nicht auf der Überholspur.
[…]
Leben auf dem Standstreifen.
Pilgern bedeutet, sich für Dinge um sich herum Zeit nehmen.
Beobachten und Bewahren.
Die Landschaften in sich aufsaugen.
Sich einer Blüte am Wegesrand mit Ehrfurcht nähern.
Den Bildern auf dem Portal einer Kirche nachgehen.
Pilgern ist Wahrnehmen alles dessen, was um mich herum ist.
Sich Zeit-Nehmen für das Schöne in unserer Welt.“

Und das alles sind „Dinge“, die uns Kraft geben, die uns in Verbindung bringen – mit uns selbst und mit unserer Umwelt – und die dem Leben einen schöneren Geschmack geben. Wie die Gewürze in einer Suppe.

In diesem Sinne: Genießen Sie auch mal die seltenen Gewürze, das Schöne und die stillen Momente – denn sie geben uns Sinn.

Ich wünsche Ihnen allzeiteinen guten Weg! Ultreya!

Ihre Christina Bolte