Tag Archives: Werte

Zu Ende gedacht

25 Feb

Diesen Beitrag hielt ich am 24.02.2020 – so oder so ähnlich – in freier Rede im Speakers Corner München Toastmasters Club:

Hast Du schon mal daran gedacht, Dir das Leben zu nehmen?

Nein, ich meine natürlich keinen Suizid, sondern, ob Du Dir DAS Leben nimmst, das Du Dir schon immer gewünscht hast? Oder verschiebst Du lieber Träume, Wünsche und Hoffnungen auf später, auf „wenn’s mal etwas ruhiger wird“, auf „nächstes Jahr“, auf „wenn ich erstmal meinen Lieblings-Menschen gefunden habe“, auf „wenn die Kinder aus dem Haus sind“ oder gar „auf die Rente“?

Fakt ist: Das Leben ist endlich – und der Tod ist nicht nur sehr endgültig, er trifft auch jeden von uns – mich und Dich auch – früher oder später. Und Ja, das ist allzu menschlich, dass man unangenehme Dinge gerne verdrängt oder, wenn sie denn schon da sind, am liebsten gleich wieder beiseite schiebt.

So habe ich auch viele Jahre meines Lebens fröhlich vor mich hingedümpelt, mich von Wochenende zu Wochenende, von Urlaub zu Urlaub irgendwie durchgehangelt, vielleicht objektiv gar nicht mal so schlecht, aber subjektiv eben gar nicht mal glücklich.

Bis – ja bis vor ein paar Jahren meine beste Freundin Katja eines Tages völlig verzweifelt zu mir kam. Sie hatte das Gefühl, sie müsste dringend mit irgendjemandem reden, um nicht zu platzen. „Ich hab in meinem Urlaub in Frankreich einen total tollen Typen kennengelernt und mit diesem eine Affäre angefangen. Boah, war ich in ihn verliebt!“ Ja und dann hatte er ihr erzählt, dass er HIV-positiv wäre.
Blöderweise erst, nachdem sie intim gewesen waren, und eigentlich auch eher beiläufig. Puh, ja genau, das muss man erstmal sacken lassen. Nicht nur Katja war wie gelähmt. Ich glaube, ich wäre an ihrer Stelle vor Wahnsinn aus dem Fenster gesprungen!

Nun war sie also bei mir und wusste weder ein noch aus. Zwischen Schimpftiraden auf „diesen Idioten, der sie so hintergangen hatte“ fingen wir mal an ein paar Fakten zu sortieren. Was war genau gelaufen, wie lange ist das her, was sagt Google zum Thema HIV-Notfall. So fanden wir die  HIV-Notfall-Ambulanz. Am Sendlinger Tor, falls es mal jemand braucht.

Das Resultat war, dass Katja eine Art „Pille danach“ verordnet bekam und dann über mehrere Wochen einen fiesen Tabletten-Cocktail für etwa 1.500 Euro einnehmen musste, um zu verhindern, dass sich eventuelle Viren bei ihr ausbreiten würden. Die Wochen, bis ein Test ergeben hat, dass sie nicht HIV-positiv ist, waren natürlich für Katja ein Zittern und Bangen, mal von den Nebenwirkungen, die sie hatte, ganz abgesehen.

 

Selbst als Zweite-Hand-Erfahrung hatte mich die ganze Geschichte ziemlich erschüttert – und vor allem zum Nachdenken angeregt. Denn seitdem ist mir klar, dass das „normale“ Leben mitunter schneller beendet sein kann, als mir lieb ist. Warum sollte ich also meine begrenzte Lebensenergie für die falschen Dinge und Personen aufwenden?

Ich habe damals aufgrund dieser Geschichte meinen Job bei BMW im Controlling aufgegeben, weil mir klar geworden ist, dass es mir im Grunde keinerlei Befriedigung schafft, alle 3 Wochen neue Excel-Tapeten zu erstellen und Leute damit zu nerven, ihnen zu sagen, dass das was sie tun zu teuer ist.

Soll ich Euch was sagen? Der Schritt ist mir nicht leicht gefallen, aber es war rückblickend eine der besten Entscheidungen meines Lebens. Denn seit ich angefangen habe, mir – im positiven Sinne – „das Leben zu nehmen“ und zu gestalten, das mich von Herzen erfüllt und nährt, und alles andere Schritt für Schritt weglasse, bin ich zufriedener als je zuvor.

Deshalb – anstatt Dich einfach so im Leben dahintreiben zu lassen, denk Dir mal Dein Leben bis zum Ende – und dann fang an, Schritt für Schritt das notwendige zu tun, um Dir genau DAS Leben zu nehmen, das Du haben willst.

Denn, so sagte schon Mark Aurel:
„Nicht den Tod sollte man fürchten, sondern daß man nie beginnen wird, zu leben.“

In diesem Sinne – vielleicht auch doch ganz passend zum Rosenmontag – feiere das Leben!

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Auf den Spuren der Beginen – und was daran auch heute noch interessant ist

15 Nov

Kürzlich war ich mit einer Gruppe anderer Frauen auf einer dreitägigen Reise „Auf den Spuren der Beginen“.
Die meisten Menschen, denen ich zuvor oder auch danach davon erzählte, fragten mich zunächst, was denn überhaupt die Beginen seien. Auch ich hatte bis vor einiger Zeit noch nichts von ihnen gehört, danach übten sie jedoch eine gewisse Faszination auf mich auf.

Zunächst mal eine kurze zeitliche und definitorische Einführung.

Die Beginen waren eine mittelalterliche (zumeist) Frauenbewegung, die ab dem 13. Jahrhundert in Deutschland und vorher auch schon in den Niederlanden wirkte. Dabei handelt es sich überwiegend um eine städtische Bewegung, und die meisten Beginen waren zumindest aus dem Bürgerlichen Milieu, manche Frauen auch aus dem Adelstand.

Die Ehe erschien damals vielen der Frauen nicht als erstrebenswert, im Adelsstand wurde der „Wert“ einer Frau an der Höhe ihrer Mitgift gemessen, außerdem war damals das Kindbettfieber die häufigste Todesursache bei Frauen. Auch der Ordenseintritt war – wie man auch heute noch gut nachvollziehen kann – ein Lebensweg, den man/frau mögen muss.

Eine innovative Lebensform

So waren die Beginen für damalige Zeiten eine sehr moderne und auch mutige Bewegung, denn sie anstatt sich für eines der beiden damals bekannten Lebens-modelle – Ehe und Orden –  zu entscheiden, bildeten sie daraus einen neuen, dritten Weg: Die Beginenorden.

Die Frauen schlossen sich damals zusammen, um gemeinsam in sogenannten Beginenhäusern oder -höfen ein religiöses, eheloses Leben in Gemeinschaft zu führen. Dabei legten sie im Gegensatz zu klösterlichen Ordensgemeinschaften keine ewigen Gelübde, sondern nur Gelübde auf Zeit ab, gaben sich eigene Regeln und wählten eine „Meisterin“. Häufig schlossen sich auch verwitwete Frauen den Beginen an.

Im Gegensatz zu Bettel- oder auch manch anderen Orden lebten sie nicht zurückgezogen hinter Klostermauern oder von Almosen und alleinigen Gebeten. Sie gingen einer wirtschaftlichen, (textil-)handwerklichen oder sozialen Tätigkeit nach, wie Tuchmachen oder die Versorgung von Kranken oder Sterbenden, für das sie Geld erhielten, und lebten so von ihrer eigenen Hände Arbeit. Oder sie gingen Heil- und Lehrberufen nach.
Das gemeinsam erwirtschaftete Vermögen wurde geteilt, während privates Vermögen, z. B. Erbschaften, zumeist behalten oder bei Verlassen des Beginenordens zurück gegeben wurde.

Mutig …

…an dieser Lebensform finde ich, dass den Frauen trotz aller Widrigkeiten und Widerstände, die ihnen (zunächst) seitens städtischer und kirchlicher Obrigkeiten, Zünften und anderen Besitzstandswahrern entgegen gebracht wurde, zunehmend mehr Akzeptanz entgegen gebracht wurde. Zugegebenermaßen wohl auch aus eher pragmatischen Gründen, denn die Beginen widmeten sich z. T. der medizinischen Versorgung der Bevölkerung in den damals entstehenden Städten oder übernahmen andere Aufgaben, die die Nonnen nicht übernehmen konnten.

Überspitzt könnte man natürlich auch sagen, die Beginen waren zu intelligent, eigenständig und/oder mächtig. Somit waren sie etlichen Fraktionen (der Kirche, den Ständen und Zünften etc.) ein Dorn im Auge. Deshalb wurden die Beginenhäuser (mit wenigen Ausnahmen) teils durch einen päpstlichen Erlass im 14. Jahrhundert, teils im Zuge der Reformation im 16. Jahrhundert aufgelöst.

Wiederbelebung & Werte

Seit den 1990er Jahren haben Frauen in Deutschland diese Bewegung wiederbelebt. Zahlreiche Frauenwohnprojekte und -gemeinschaften haben sich seitdem gebildet. Religion oder Spiritualität oder soziales Engagement spielen dabei heute nur noch teilweise eine Rolle.
Wichtig ist – wie in jeder Wohn- und Lebensgemeinschaft – das Vorhandensein von gemeinsam geteilten Werten sowie die Bereitschaft, sich aufeinander und auf die Gemeinschaft einzulassen. Wobei Letzteres auch in gewisser Weise gegenseitige Unterstützung und ein voneinander Lernen wollen beinhaltet.

Und das finde ich für jede Form der Wohn- oder Lebensgemeinschaft auch heute noch relevant, egal ob es sich um eine Familie oder Partnerschaft, eine WG, eine Firmengründung oder ein genossenschaftliches oder sonstwie geartetes Kommunen-mäßiges Wohnprojekt handelt.

 

 Weiterführende Informationen:
– Dachverband der heutigen Beginen: http://www.dachverband-der-beginen.de/

Ackern wir uns zu Tode?

9 Aug

Diesen Beitrag hielt ich (so oder so ähnlich) in freier Rede am 08.08.2016 bei den ToastMastern, Speakers Corner in München:

Karōshi.

Karōshi ist japanisch und bedeutet Tod durch Überarbeiten. Also einen plötzlichen berufsbezogenen Tod. Die Todesursache ist dabei meist ein durch Stress ausgelöster Herzinfarkt oder Schlaganfall. In Japan trat das Phänomen bereits in den 1970ern auf, wo Arbeitnehmer über Jahre hinweg sechs bis sieben Tage pro Woche mehr als zwölf Stunden täglich arbeiteten.

Aber auch in Deutschland machten vor einigen Jahren ähnliche Schlagzahlen in Deutschland die Runde: Arbeiten bis zum sprichwörtlichen Umfallen – immer mehr Menschen brechen heutzutage stressgeplagt bei der Arbeit schwer erkrankt zusammen – und scheiden nicht selten nach Burnout, Schlaganfall oder Herzinfarkt komplett aus dem Berufsleben aus.

Ackern wir uns zu Tode? Ich sage: Nein.

Denn seit 3 Jahren haben wir uns ein Stück Ackerfurche gepachtet, daher bin ich der Meinung wir ackern nicht viel genug!
Im Gegenteil, seitdem bin ich der Meinung, dass das Betreiben von Ackerbau oder zumindest einer kleinen Acker-Parzelle oder eines kleinen Gartens Stress reduziert und so vor dem Umfallen bei der Arbeit schützt:

Somit möchte ich Euch 3 Gründe nahelegen, warum m. E. jeder Ackerbau betreiben sollte:

  • Es ist gesund. Insbesondere Menschen, die sonst viel Zeit vor dem Computer sitzen und vor allem solche, die nicht ganz so sportlich sind, haben dadurch die Möglichkeit, Zeit an der frischen Luft zu verbringen und sich auf einfache Weise körperlich zu betätigen.
  • Egal, mit was für hochgeistigen Projekten und Ideen wir uns in unserer Arbeit beschäftigen, die Hände in der Erde zu haben, Unkraut zu jäten oder Saatgut bzw. Setzlinge zu Pflanzen verbindet uns mit dem Boden der Tatsachen. Es erdet ungemein.
    Wenn ich auf unserem Acker stehe und sehe, wie viele vor mir liegende Meter Acker noch umgegraben, Unkraut gezupft oder bepflanzt werden soll, geht es mir immer so wie dem Straßenkehrer Beppo in Michael Endes Buch „Momo“:

„Manchmal hat man eine sehr lange Straße vor sich.
Man denkt, die ist schrecklich lang, das kann man niemals schaffen.
Aber man darf niemals die ganze Straße auf einmal denken.
Man muss nur an den nächsten Schritt denken,
an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich.
Auf einmal merkt man, dass man die ganze Straße gemacht hat.
Man hat gar nicht gemerkt, wie, und man ist gar nicht außer Puste.“

So gesehen, finde ich, hat Ackern etwas Meditatives!

  • Es erhöht die Wert-Schätzung gegenüber unserer Nahrung.
    Das selbst angebaute Gemüse zu essen, macht mich stolz. Außerdem schmeckt es viel besser als gekauftes. Wenn ich im Laufe von Wochen und Monaten sehe, wie viel Arbeit nötig ist, um 5 Karotten zu ernten, auch wenn die Arbeit noch so viel Freude macht, kommt mir immer wieder der Gedanke in den Sinn, unter welchen Bedingungen wohl die Karotten aufgewachsen sind, die man für 79 Cent das Kilo im Supermarkt kaufen kann.

Vermutlich denkt sich jetzt der eine oder andere von Euch: „Ich wohne hier in der Stadt, wie soll ich mir da ein Stück Acker leisten können bei den Bodenpreisen“ – oder: „Schrebergärten sind mir zu spießig.“

Auch in der Stadt gibt es verschiedene Möglichkeiten oder Initiativen, die dabei helfen, sich ein Stück Acker zu mieten und Gemüse anzubauen:

  1. Krautgärten – eine Initiative der Stadt München, gibt es in vielen verschiedenen Stadteilen
  2. ÖBZ (Ökologisches Bildungszentrum) in Daglfing
  3. O’Pflanzt is-Gemeinschaftsgärten – eine Privatinitiative in Schwabing/Neuhausen

So möchte ich abschließen mit einem Zitat des  indischen Dichters und Philosophen Rabindranath Tagore (1861 – 1941):

„Dumme rennen, Kluge warten, Weise gehen durch den Garten.“

Also, worauf wartet ihr noch?

Nachhaltigkeit und Burnout -Teil 4

4 Mär

In meinem letzten Beitrag schrieb ich über den Zusammenhang von Burnout, Konsum und Lebensfreude – und versprach Ihnen abschliessend, wie jeder von uns es schaffen kann, sein persönliches Maß an Lebensenergie bestmöglich zu erhalten. Es hat ein wenig gedauert, aber hier ist der Beitrag nun endlich…

Just in dem Moment, wo ich dieses schreibe, kommt mir spontan das Bild eines zarten Pflänzchens, dass von einem Gärtner liebevoll gepflegt und gegossen wird – und damit schließt sich auch wieder der Kreis zum ersten und zweiten Beitrag dieses Zyklus, denn mit dem Wort „Pflege“ kommen wir wieder zum Begriff Kultur…

Natürlich sind weder Konsum noch Abenteuer und Erlebnis an sich etwas Schlechtes. Wichtig dabei ist jedoch zu hinterfragen  – am besten zunächst einmal sich selbst – mit welcher Einstellung ich etwas tue.

Greife ich gerade – und immer wieder – zur Schokolade (kann an dieser Stelle alternativ ersetzt werden durch Chips, Bier, Wein u. v. a.), weil ich Hunger habe oder Durst, um mich zu belohnen, um mich zu trösten oder sehne ich mich eigentlich nach etwas anderem?
Ich habe häufig erlebt, dass es eigentlich die Sehnsucht nach Anerkennung oder „Gesehen werden“ ist die gestillt werden möchte, oder eine Innere Leere möchte gefüllt werden.

Die tägliche Nahrungssuche  stellt für die meisten von heute uns kein alltägliches Problem oder keine Lebensbedrohung mehr dar, denn wenn Sie dies lesen, ist davon auszugehen, dass Sie neben einem Dach über den Kopf auch einen Computer oder ein anderes „mobiles Endgerät“ wie es so schön heißt besitzen. Somit ist für die materiellen Bedürfnisse, um ein zufriedenes Leben führen zu können, gesorgt und unsere tägliche Arbeit ermöglicht uns häufig auch in großem Umfang (finanzielle) Unabhängigkeit, einen individuellem Ausdruck und Anerkennung.

Wie kann es wie es zu dieser Inneren Leere kommen? Aus meiner Sicht liegt es mitunter daran, dass wir in unserer Arbeit häufig nicht all unsere Fähigkeiten und Kenntnisse zum Ausdruck bringen und damit nicht unser volles Potenzial ausnutzen können. Der US-amerikanische Psychologe Abraham Maslow nannte dies Wunsch nach „Selbstverwirklichung“.
Oder die Tätigkeit steht nicht im Einklang mit unserem persönlichen Wertegefüge. Wenn zum Beispiel im Job eine gewisse Kaltschnäuzigkeit und Rationalität gefordert sind, ich aber eigentlich lieber einen empathischen Umgang mit meinen Mitmenschen pflegen möchte, kann dies auf Dauer krank machen.

Insofern ist es wichtig, dass wir uns „zur richtigen Zeit im richtigen Job“ befinden. Sind wir es nicht, heißt es Handeln – idealerweise bevor unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden leiden.

In diesem Sinne – halten Sie nach!
Für ein persönliches Gespräch stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung!

Ihre Christina Bolte
Gesundheits- und Coachingpraxis & Beratung für Unternehmens-Gesundheit