In ihrem Newsletter beschrieb Karin Wess ihren ganz normalen und vor allem unperfekten Tag – und lud gleichzeitig ihre (vorwiegend) Leserinnen dazu ein, sich ebenfalls der Welt zu zeigen wie man sei. Nun denn:
Schon als Kind durfte ich mir ziemlich häufig anhören, wie anders als andere Kinder ich sei: „Sei doch nicht so ein Stubenhocker, geh doch lieber zum Spielen zu den anderen Kindern nach draußen“. Doch anstatt dass ich draußen Gummi-Twist oder Fangen spielte, löste ich lieber Kreuzworträtsel, spielte Schach, Stadt-Land-Fluß oder puzzelte. Es machte mir einfach mehr Spass.
Neben diesen ganzen analytischen Dingen war ich aber auch noch unheimlich gerne kreativ. Im zarten Alter von 10 Jahren schrieb ich damals auf der Reiseschreibmaschine mit zweifarbigem Farbband, die ich von meiner Oma geschenkt bekam, meinen ersten Krimi. OK, ein Bestseller wurde es nie, denn über Auflage 1 kam das ganze nicht hinaus. Ich malte und bastelte gerne, phasenweise versuchte ich mich auch mit klassischen Handarbeiten wie Häkeln, Stricken oder Nähen. Das Malen war sicherlich meine erfolgreichste „Disziplin“, denn ich gewann sogar einige Malwettbewerbe.
Zumindest bis ich etwa 12 war, denn dann war die Bandbreite an Dingen, die man tun konnte und an denen ich auch (fast) allen Spaß hatte, so groß, dass ich im Durchschnitt versackte.
Der Universal-Dilettant
Aber so vielseitig wie damals bin ich auch noch heute, was sich auch an meinem nicht besonders geradlinigem Lebenslauf zeigt. Auf Anraten meiner Eltern (es sollte halt was Solides sein) habe ich ursprünglich Wirschaftsingenieurwesen studiert, oder wie mein früherer Arbeitskollege sagte, ich wäre „Universal-Dilettant“ – also einer der alles kann, aber nichts richtig. So war ich zunächst eine ganze Weile in der Zahlen-Daten-Fakten-Fraktion in der Industrie tätig, merkte aber bald, dass mir irgendetwas fehlte. So machte ich berufsbegleitend einige Ausbildungen im Bereich Massage und als Heilpraktikerin, um etwas Abwechslung in mein Leben zu bringen. Und später machte ich noch eine Ausbildung als Pilgerbegleiterin und studierte Spirituelle Theologie und schreibe Bücher – was zwar irgendwie den Eindruck vermittelt, dass es alles nicht zusammen passt, aber eben doch alles mit mir zu tun hat.
Schon seit Beginn meiner Selbständigkeit beschäftige ich mich nun also mit der Fragestellung: „Worin bin ich Expertin und welches ist meine Nische?“ Nachdem ich nicht nur ein „Volltischler“ bin (also einer, dessen Schreibtisch gerne mit Zetteln vollgeräumt ist), sondern auch ein Multitasker, der gerne Hundert Sachen und Projekte parallel macht, tat ich mich mit dieser Frage immer besonders schwer. Deshalb buchte ich immer wieder mal Coachings, um mich zu focussieren – nur um festzustellen, dass es mir nicht wirklich gelang, da ich immer wieder das Gefühl hatte, den einen oder anderen Teil von mir abzuschneiden.
Genauso ging es mir auch, nachdem ich aus dem Großkonzern, für den ich lange arbeitete, ausgeschieden war – auf einmal brauchte ich eine neue Herde. Als ich auf der Suche war nach Menschen, mit denen ich Räumlichkeiten teilen konnte. Wenn ich vor Gruppen von mir Unbekannten einen Elevator-Pitch halten soll.
Heute habe ich gelernt, dass man zu so vielseitig interessierten Menschen auch „Scanner-Persönlichkeit“ sagt. Das beruhigt mich sehr, weil es mir nach den ganzen „Etiketten“ wie man (ich) zu sein hätten nun endlich eine Art Legitimation zu geben scheint, dass es in Ordnung ist, ganz einfach so zu sein, wie ich bin. Das hab ich mittlerweile begriffen. Aber nicht gelungen ist es mir bisher, herauszufinden, wie man das alles in einen 40-Sekunden-Elevator Pich verpackt, wenn man die Menschen nicht kennt und nicht weiss, was am ehesten ihre Anknüpfungspunkte sein könnten…
#ganzeinfachich…
Wobei, so ganz einfach ist es halt doch nicht, vor allem nicht für meinen Liebsten. Denn meine Volltischler-Natur zeigt sich nicht nur auf dem Schreibtisch, da gehört schon manchmal viel Toleranz dazu. Vor allem, wenn ich sportlich-schimpfend im Auto unterwegs bin (klar, natürlich können immer nur die anderen nicht Autofahren 🙂 ) oder wenn wir in der ganzen Wohnung die Kaffee- und Teetassen zusammen suchen müssen, weil ich in jedem Zimmer eine hab stehen lassen. Gelegentlich kommt es auch mal vor, dass ich vor lauter Paralleltätigkeiten die extra ausgedruckten Zettel auf dem Drucker liegenlasse oder den Mittagssnack, den ich aus dem Kühlschrank genommen hatte, um ihn ins Büro mitzunehmen.
Doch auf der Suche nach meiner Herde: Was für ein Vogel bin ich? Kein reiner Heilpraktiker, kein reiner Unternehmensberater, kein … Dafür eine einzig-nicht artige Christina…
#ganzeinfachich – großartig!