In die Steinzeit und zurück

11 Mär

Diesen Vortrag hielt ich am 12.11.2018 in freier Rede, so oder so ähnlich, im Toastmasters Club Speakers Corner in München. Die Rede fällt unter die Rubrik „Humorvolle Rede“ und ist bitte auch mit einem Augenzwinkern zu verstehen:

 

Es gibt Dinge im Leben, die sind dem Menschen schon seit Millionen von Jahren in die Wiege gelegt. Das Denken gehört nicht dazu, das entwickelte sich erst später, bei manchen Menschen sogar auch bis heute noch nicht.
Aber von Anfang an: Stellt Euch vor, wie es damals in der Steinzeit so war. Das primäre Ziel des Lebens war der tägliche Kampf ums Überleben – ok, das ist bei manchen Menschen auch heute noch so.

Um also das Überleben zu sichern – das eigene und das der ganzen Sippe – war das Hauptproblem: Nahrungsbeschaffung. Die hungrige Sippe – oder zumindest ein Teil davon – schlich hungrig durch die Steppe.
Da – ein Mammut!
Die große Frage war nur: War das Mammut auch hungrig – da gab’s dann nur zwei Möglichkeiten: Flucht – oder Kampf! Das war ja damals schon schwierig abzuwägen, vor allem, wenn sich die eine Hälfte der Sippe für das eine und die andere Hälfte für das andere entschied!

Als die Evolution dann später das Denken erfand und der Mensch zum Taktiker wurde, gab es sogar noch eine dritte Möglichkeit neben Flucht oder Kampf – nämlich das Tothetzen, übrigens eine spezifische Fähigkeit des Menschen.
Die hat sich sogar auch noch bis heute gehalten – und das weltweit! Sogar Turniere finden darin alle paar Jahre statt, wenn 22 erwachsene Menschen in Fussballstadien einem armen Ball hinterher hetzen.

Aber zurück in die Steinzeit: Von den Historikern werden ja die Fähigkeit der damaligen Menschen zu jagen so hervorgehoben, vor allem der männlichen Menschen. Wie sehr das Jagen doch zum Überleben der Menschheit beigetragen hat.

Aber so ganz stimmt das mit dem Bild von den Männern als Ernährern nicht. Da braucht man sich nur unser heutiges Hormonsystem anzuschauen, das nämlich auch heute immer noch so tickt wie damals in der Steinzeit. Auch heute noch werden bei Stress, also wenn wir eine Situation als lebensgefährlich einschätzen, diverse Stresshormone ausgeschüttet. Früher gehörte sowohl die Jagd als auch die Flucht vor dem Mammut dazu. Ist diese Situation vorbei, stellt man Folgendes fest:
Das Cortisol – also DAS Stresshormon schlechthin, das beim Jagen, Fliehen oder Kämpfen ausgeschüttet wird – benötigt 10-14 Tage, um sich abzubauen. Das heißt im Umkehrschluss, dass der Mensch nur dafür ausgelegt ist, 2-3 Mal im Monat Stress zu haben. Stellt Euch das vor, das schaffen manche Menschen heutzutage schon an einem halben Tag!

In Bezug auf die Steinzeit heißt das, dass damals nur 2-3 Mal im Monat gejagt wurde, denn wenn es anders gewesen wäre, wäre ja unser Hormonsystem heute ganz anders aufgebaut. Also stellt Euch das mal vor – nur 2-3 Mal im Monat ein Festmahl! Da fragt man sich doch glatt: Wie haben das die Menschen nur überlebt? Da hätte doch die Menschheit bis heute längst ausgestorben sein müssen!

Wie gut, dass die Evolution dafür gesorgt hat, dass das Leben für die Menschen trotzdem weiterging. Deshalb wurde noch eine weitere Strategie zur Nahrungssuche erfunden – denn weil das Sammeln oder Ausgraben von Nahrung viel stressfreier war als das Jagen, war es daher nicht nur kontinuierlich möglich, sondern auch viel überlebenssichernder!

Diese neue Aufgabe wurde – wenn man Forschern Glauben schenken möchte – überwiegend von Frauen übernommen, und ein zweckmäßiges Utensil wurde dafür auch bald erfunden: Der Sammelbeutel!
Er wurde nicht nur dafür genutzt, die gefundenen Früchte, Nüsse und Samen zum Lager zu transportieren, sondern auch selten verfügbare Leckerbissen wie Honigwaben oder Heuschrecken oder tote Eidechsen, die in jagdfreien Zeiten die Eiweissversorgung sicherten.
Wusstet ihr übrigens, dass Sammelbeutel auch heute noch eine starke Verbreitung haben?
Hier [Handtasche vorzeigen] ist alles was man braucht um das Überleben zu sichern: Nahrung, was zum Feuer machen, Kommunikationsmittel, Werkzeuge und eventuell noch das eine oder andere kleine Schmuckstück. [zeigen: Müsliriegel, Streichhölzer, Stifte, Telefon, Kamm, Haarspange]

Liebe Männer,
falls ihr Euch wundert, warum Frauen so riesige Handtaschen haben, jetzt wisst ihr es – um in allen Lebenslagen für das Überleben, das eigene und das der Sippe, sorgen zu können. Es ist den Frauen schon seit Millionen von Jahren in die Wiege gelegt.

Liebe Frauen,
falls ihr Euch wundert, warum Männer sich so gerne in Sportstadien aufhalten, jetzt wisst ihr es – das Gefühl, durch Jagen, Treiben oder Anspornen zur Ernährung und zum Überleben der Menschheit beizutragen, ist den Männern schon seit Millionen von Jahren in die Wiege gelegt.

Und anstatt sich über die Eigenheiten des oder der anderen lustig zu machen oder sie ihnen gar austreiben zu wollen – wie wäre es, wenn wir das Anderssein anderer einfach wertschätzen um damit auch unser eigenes Leben zu bereichern – wer weiss, in welchen Situationen diese Eigenheiten uns einmal nützlich sein können!

Werbung

Weihnachten

16 Dez

Dieses Gedicht schrieb ich meiner Großmutter – auf meiner alten Reiseschreibmaschine! – mit 13 zu Weihnachten.
Neulich fand ich es beim Aufräumen wieder, und weil es gerade schon so gut zur Saison passt, möchte ich es gerne mit Euch teilen.

Wenn es Winter werden will,
schneit es leise, langsam, still.
Und die zarten Schneheflocken
fallen wie auf weißen Socken.

Und im Winter, im Advent,
brennen Kerzen – zart, dezent –
verbreiten einen süßen Duft.
Weihnachten liegt in der Luft!

Wenn der Heiligabend naht,
froher, festlicher es ward.
Alle singen Weihnachtslieder;
zum Glück kehrt Weihnacht immer wieder.

In dem hell erleuchtet‘ Raume
an dem großen Weihnachtsbaume
hängten wird den Weihnachtsschmuck,
um zu sagen: „Prima, guck!“

Der Weihnachtsmann verkleidet sich,
bringt viele Gaben, hoffentlich,
Zu unserem großen Gabentische.
Als Festmahl gibt es leckre Fische.

In dem großen Weihnachtstrubel
gibt es ziemlich großen Jubel,
denn der Weihnachtsmann war fleissig,
brachte Gaben an die dreissig!

Ein schöner Tag geht bald zu Ende!
‚S nicht mehr weit zur Tageswende.
Ruhiger wird’s in unsrem Haus,
doch Weihnacht ist noch lang nicht aus.

In diesem Sinne wünsche ich Euch:
Besinnliche Feiertage und nehmt Euch Zeit
für ein kleines Wei(h)n-Achterl.

Alles Liebe
Christina Bolte

 

Photocredits: Shutterstock/523951195 (Lucky Business/Shutterstock.com)

Eine Einladung im Advent

9 Dez

Der heutige Pilgertag LeerLauf für den Kopf stand ganz im Zeichen des Advents.
Der Begriff Advent kommt vom lateinischen advenire und heißt Ankunft. Im christlichen Kontext ist damit natürlich die bevorstehende Geburt Jesu gemeint, auf die wir uns freuen dürfen.
Unabhängig von (m)einer christlichen Einstellung finde ich, dass die Adventszeit eine Einladung an uns alle ist. Eine Einladung an Dich, mich und uns alle, sich zu überlegen, worauf wir – jeder einzelne von uns – sich freut. Das kann etwas vermeintlich Kleines sein, angefangen bei einem warmen Getränk nach einem Stück Spaziergang im Regen oder das kann das Licht einer Kerze am späten Nachmittag sein, wenn es um diese Jahreszeit draussen schon dunkel ist.

Es kann aber auch etwas Größeres sein, wie endlich ein paar freie Ferien- oder Feier-Tage oder ein schöner Urlaub nach einer anstrengenden Phase des Jahres-Endspurt in der Arbeit oder die Aussicht darauf, endlich wieder mit lieben Menschen zusammen einen schönen gemeinsamen Tag zu verbringen, die wir schon lange nicht mehr gesehen haben.
Genauso kann es aber auch etwas ganz Großes sein, wie die Aussicht darauf, endlich „Heimat zu finden“, sei es die lang ersehnte Arbeitsstelle, die genau zu mir passt,  die Heilung oder Linderung von schwerer Krankheit oder das finden einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten, bei denen ich mich geborgen und angenommen fühlen kann.

 

So magst auch Du Dich an diesem heutigen zweiten Advent eingeladen fühlen, Dir zu überlegen, auf was Bevorstehendes – sei es in Deinem Inneren oder im Außen – Du Dich heute freust.

In diesem Sinne wünsche ich Dir eine schöne verbleibende Adventszeit.
Deine Christina Bolte

Null oder Eins?

12 Aug

Diesen Beitrag hielt ich am 23.07.2018 in freier Rede, so oder so ähnlich, im Toastmasters Club Speakers Corner in München:

Wer von Ihnen kennt das: Beim Frühstück oder im Urlaub am Firmen-Smartphone noch schnell Emails checken? Am Wochenende mit dem Büro-Laptop von zu Hause aus schon mal die Präsentation für den Montag vorbereiten?

Dank moderner Technologien und flexibler Arbeits(zeit)-Modelle verschwimmen die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit zunehmend, und das nicht nur für Selbständige, Geschäftsführer oder Führungskräfte, sondern immer mehr auch für „normale“ Angestellte. WLAN ist allgegenwärtig, Menschen sind zunehmend über Soziale Netzwerke miteinander und überhaupt mit der ganzen Welt verbunden.

Dank neuer Technologien ist es möglich, gemeinsam und ortsunabhängig an gemeinsamen Projekten zu arbeiten. Voraussetzung für diese Art von Vernetzung ist die Digitalisierung. Was zahlreiche Vorteile mit sich bringt, hat auch ein paar Facetten, über die es sich lohnt nachzudenken.

In diesem Beitrag möchte ich beleuchten:

  1. Was Digitalisierung überhaupt ist und
  2. welche Auswirkungen sie auf die Arbeitsbedingungen hat.
  3. habe ich 3 Tipps für Sie, wie Sie sich dafür rüsten können.

Weiterlesen

My path of life

15 Jul

Diesen Beitrag hielt ich am 07.07.2018 – so oder so ähnlich – in freier Rede und in Englischer Sprache im Munich English Advanced Toastmasters Club in München:

When I was 16, I spent a year as an exchange student at a US High school, where I encountered the well-known poem by Robert Frost which in parts I still remember today:

The Road less Taken

“Two roads diverged in a yellow wood, …
and I –
I took the one less traveled by,
And that has made all the difference.”

Dear Toastmasters,
I do not know why, but paths and ways have always run through my life like a common thread.

After I finished my high school in Germany, my Curriculum Vitae – the path of my life – seemed very straight forward. I studied industrial engineering at a private dual university of applied sciences, actually the first one of its kind. After my diploma in 1998, I moved to Munich to start my first job in the controlling department of a local car manufacturer.

At that time, I worked hard during the day, and often I partied hard during the night. The rhythm of my life seemed to be “Life is a high way, I wanna ride it all night long” – except that my favorite vehicle was not a car but a mountainbike.

As years passed by, I unconsciously felt something was missing in my life – but I could not say what it was. I travelled a lot in search of that something to fill the void inside me.  I hiked through woods and jungles, I scuba dived the nicest seas, and climbed the mountains … and still had not found what I was looking for.

Accidently – or should I say: by chance – in 2007, I found the Way of St. James. Today I know the way actually found me. At some point on my pilgrimage, I came to that point, when I almost drowned. I almost drowned in a river of tears – my own tears. It was like a broken dam of emotions, setting free the tears I had been holding back for the last ten or more years. I realized that as a woman living and working in a man’s world (engineering and the automotive industry actually IS a man’s world), I had not allowed myself to show or even feel any kinds of emotions.
Of course, it took me some years to find words for all those emotions I had not been able to express in years – like anger, fear, frustration or emptiness. And it also took me years to learn actually to feel these feelings instead of covering them up inside me. But by doing so, I not only reconnected with myself, but I also discovered empathy enabling me to connect with other people around me as well.

Eventually, I subscribed in several educations and trainings as a naturopath and as a stress pilot next to my regular job. This enabled me to accompany people to a healthier, stress-free life.

At that time, I realized staying any longer in my deadhearted, senseless but well-paid job at the car manufacturer would cause me getting severely ill sooner or later. Therefore, I quit.

That was six years ago. Since then, my life has been full of ups and downs and twists and turns. Two of the funniest probably being me studying theology about 20 years after resigning from church as a paying member – and me as a vegetarian since almost 25 years joining MEAT.

But there are even more paths and ways joining the common thread of my life: I recently learned to be a guide for other pilgrims, and I served as a Pathway guide in Toastmasters. Maybe the reason for all of this was the biblical saying I chose as a thirteen-year-old for my confirmation. I had forgotten about it for quite a long time – but recently, it suddenly came to my mind again, because it seemed to fit my life quite well.

I chose Matthew 7, verses 13-14:

13 For wide is the gate and broad is the road that leads to destruction, and many enter through it.
14 But small is the gate and narrow the road that leads to life, and only a few find it.

Whether my life will lead to destruction or to life, remains to be seen. Nevertheless, I do not regret any of the twists or turns. Because every single of them has made me the person I am today.

A small detail I discovered while researching for this speech, is that I remembered Robert Frost’s poem mentioned in the beginning the wrong way. First of all, the title actually quotes “The road NOT Taken” and the tenor is you’ll never find out what happened walking the other path.

For me, this doesn’t matter so much: I prefer to sum up Roberts Frosts poem with the quote of Franz Kafka: Paths are made by walking them. So let’s discover together, where my current paths – MEAT & Developing Leadership – will lead me.

As the pilgrims say: Buen Camino!

Sprachlos

1 Mai

Diesen Beitrag hielt ich am 26.04.2018 in freier Rede, so oder so ähnlich, im Toastmasters Club Speakers Corner in München:

Als ich klein war, war mein Leben sehr digital. Natürlich war das vor 30 Jahren mit Computern & Smartphones noch nicht so verbreitet wie heute. Aber zumindest was Sprache und Kommunikation betraf, gab es bei uns zu Hause nur 0 oder 1. Was Diskussionen und verschiedene Meinungen anging, gab es nur schwarz oder weiß, richtig und falsch, Friede-Freude-Eierkuchen oder totale Eskalation.

Mein Vater wurde häufig sehr laut, wenn er sich unter Druck gesetzt fühlte. Als Kind machte mir das Angst, so dass ich mich nie traute, meine Meinung zu äußern, vor allem nicht, wenn sie anders war als seine.

In der Schule hasste ich es Aufsätze zu schreiben. Denn für vieles hatte ich einfach keine Worte, und ich war es ja nicht gewohnt, eine eigene Meinung zu haben. Selten hatte ich das Gefühl, genau das ausdrücken zu können was ich fühlte oder dachte. So fühlte ich mich oft unverstanden.

Nicht nur in Bezug auf Arbeit oder Sport fiel es mir schwer, das richtige Maß zwischen „zu viel“ oder „zu wenig“ zu finden, sondern auch im Hinblick auf meine Kommunikation. Entweder wurde ich nicht verstanden, weil ich mich überhaupt nicht traute, meine Meinung zu sagen, oder wenn ich es dann tat, formulierte ich Kritik so weichgespült, dass meine Position nicht klar war – oder ich wartete so lange damit, meine Befindlichkeiten zu äußern, bis diese quasi wie ein Vulkanausbruch aus mir herausquollen, und mein Gegenüber in Schutt und Asche zurück ließen. Was mir also fehlte, waren die Zwischentöne, denn die hatte ich Zeit meines Lebens nie gehört.

Erst im Laufe der Zeit, als ich anfing auch mich selbst besser zu verstehen, lernte ich es, die Zwischentöne wahrzunehmen – meine und die der anderen. Kurze Zeit später begann ich, einen Blog zu schreiben (diesen hier :-)). Ich fand Freude daran, meine Gedanken in Worte, kurze Texte und Gedichte zu verpacken. Ein paar Jahre später habe ich sogar mein erstes Buch veröffentlicht. Ich, die Zeit ihres Lebens Aufsätze schreiben gehasst hatte!

Seit ich vor vier Jahren bei den Toastmastern angefangen habe, fällt es mir zunehmend leichter, Worte für meine Gedanken und Gefühle zu finden und kann diese nun auch immer besser mündlich zum Ausdruck bringen – auch für die Zwischentöne. Nach wie vor arbeite ich daran, diesen zunehmend mehr Klarheit und Präzision zu geben.

Die zahlreichen Gelegenheiten auf der Bühne, v. a. in meinen Ämtern als VP-E und aktuell als Präsidentin, und natürlich v. a. das Feedback, das ich von Euch erhalten habe, haben meine Selbstsicherheit und meinen Mut gesteigert, auch persönliche Dinge von mir preiszugeben.

Ich bin euch sehr dankbar für die Begleitung und eure Unterstützung auf meinem Weg, heraus aus der Sprachlosigkeit in den authentischen Selbstausdruck. Natürlich gibt es auch immer mal wieder noch Situationen, die mich fassungs- und sprachlos machen. Dann heißt es: Zurück auf Los – passend zum neuen Eisbrecher.

Dass ich auf dem Area Wettbewerb vor 4 Wochen den dritten Preis gewonnen habe, hätte ich mir vor vier Jahren nicht träumen lassen. Leider hat es einen Nachteil: es macht süchtig nach mehr. Und so freue ich mich darauf, wenn ihr mich auch weiterhin mit Eurem Feedback unterstützt.

Mein Ziel ist die ganz große Bühne.

Das Kreuz mit dem Kreuz

27 Apr

Seit mittlerweile fast 20 Jahren lebe ich in Bayern – und ich füge hinzu: Lebe ich gerne in Bayern!
Nun sind ja die Bayern bekanntermaßen in vielerlei Hinsicht ein etwas spezielles Völkchen (sofern man vor dem Hintergrund der inner-bayrischen Vielfalt überhaupt von einem Völkchen sprechen kann…).

Dass sich die Freistaatler im Vergleich zu den anderen Bundesländern viel herausnehmen, ist für mich als Zugezogene lange Zeit mehr als gewöhnungsbedürftig gewesen. Nun ja, mit der Zeit gewöhnte ich mich daran und finde es mittlerweile auch manchmal recht sympathisch…

Aber das uns unser neu auserkorener Ministerpräsident Söder nun in staatlich-bayrischen Behörden und Institutionen das Kreuz aufhängen will, geht nun, finde ich, wirklich zu weit!

Nicht nur, dass ich der Meinung bin, dass wir aktuell weitaus wichtigere und dringendere Themen haben, die es zu diskutieren gilt. Auch möchte ich hinterfragen, in wieweit dass öffentliche durch Behörden institutionalisierte Zurschaustellen eines religiösen Symbols überhaupt mit der Religionsfreiheit im Deutschen Grundgesetz vereinbar ist.
Religionsfreiheit bedeutet ja auch, dass ich die Wahl habe, gar keiner Religion anzugehören.

Und so finde ich es doch sehr zweifelhaft, wenn sich jeder Bürger, Einwohner oder Steuerzahler egal welcher Nationalität und Religion bei jedem Behördengang (die sich ja auch im Zeitalter der Digitalisierung leider nicht komplett vermeiden lassen) mit einem religiösen Symbol konfrontiert sieht, dass für ihn oder sie möglicherweise gar keine Bedeutung hat? Von den Mitarbeitenden, die dem täglich ausgesetzt sind, mal ganz abgesehen…

Selbst ich als christlich sozialisiert aufgewachsener Mensch verbinde mit dem Kreuz – vor allem wenn es mir „aufgezwungen“ wird – eher Last & Schmerz auf dem Gang nach Golgatha als ein positiv konnotiertes Gefühl von Heimat und Verwurzelung.
Wie mag es da erst Anders- oder gar nicht Gläubigen gehen, von denen ein nicht unerheblicher Teil ja auch in Bayern geboren und/oder aufgewachsen ist und/oder zur Leistungsfähigkeit Bayerns beiträgt?

Wenn Herr Söder mit dieser Aktion die Wurzeln „unserer“ kulturellen Herkunft stärken will (wer auch immer an dieser Stelle „unser“ ist), sollte er lieber für einen guten Boden sorgen. Einen guten Boden, der voll ist von Nährstoffen, Saft und Kraft für Innovation und Fortschritt – und frei von Parasiten, Schimmel und anderem Ungeziefer (da kann jetzt jeder hineininterpretieren, was er will…). Das Betonen von Unterschieden oder Provozieren Andersgläubiger führt erfahrungsgemäß eher zu Hass und negativer Stimmung als zu einem positiven „Dünger“ für Bayern.
Zugehörigkeit unter einer Bedingung (z. B. einer bestimmten Glaubensgemeinschaft anzugehören) oder Gleichmachen aller Differenzen hat für mich weder etwas mit Heimat noch mit Wurzeln zu tun. Mit Heimat verbinde ich persönlich eher das Gefühl von Freiheit und Angenommen sein in meiner individuellen Einzigartigkeit (und da gehört für mich meine spirituell-religiöse Identität dazu).

Dazu von mir eine persönliche Geschichte:

Neulich war ich am Stand der Erzdiözesen München/Freising und Salzburg auf der Reisemesse f.re.e. „Wie?“, denkst Du jetzt vielleicht, „was hat denn die Kirche mit Tourismus zu tun?“ Dachte ich zunächst auch, als ich das zum ersten Mal gehört hatte, aber diesmal war ich dort wohlgemerkt als Ausstellerin in meiner Funktion als Pilgerbegleiterin, nicht als Besucherin. Wie ich dazu gekommen bin, obwohl ich ironischerweise noch nicht mal zahlendes Mitglied einer Kirche bin, geschweige denn, dass ich katholisch wäre, ist sicherlich eine längere Geschichte, die irgendwann 2007 auf meinem ersten Jakobsweg begann.
Was mir an dem Stand jedenfalls gut gefiel, waren diese kleinen Holzkreuze, die man sich mitnehmen konnte und an einem Lederband um den Hals tragen kann.

Plus statt Kreuz

Lieber „Plus“ statt „Kreuz“…

Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Ja, wie wäre es denn, wenn den Menschen (nicht nur in Bayern) das Christentum oder der Glauben nicht als „Pflicht“, „schwer“, „Zwang“ oder „Last“ auferlegt würde – und als solches kommt es mir vor, wenn ich mit Kreuzen in öffentlichen Gebäuden nicht beglückt, sondern erdrückt werde?
Wäre nicht ein Weg viel sinnvoller, der uns die Wahlfreiheit lässt? Ein Weg, der die Leichtigkeit betont oder ein Weg, der für alle, die es wollen, den Mehrwert eines (christlichen) Glaubensbekenntnisses hervorhebt?

Ich für meinen Teil bin froh, in einem Land (Deutschland) und in einer Zeit (21. Jahrhundert) zu leben, der mir die Freiheit gewährleistet, das zu glauben, wovon ich überzeugt bin und nicht den Überzeugungen meiner Landesfürsten folgen zu müssen. Ob die von der Presse betitelten „Kreuzzüge“ des Herrn Söder ein Schritt in die richtige Richtung sind, wird sich zeigen – immerhin hat bereits das 2. Vatikanische Konzil vor über 50 Jahren erkannt, dass auch in anderen Religionen Wahres und Heiliges ist…

Was ist für Sie, lieber Leser, Wahr und Heilig? Was ist Ihr persönlicher Mehrwert, den Sie mit Heimat, Tradition oder Religion verbinden?
Ich freue mich auf Ihre Kommentare.

Ihre Christina Bolte

PS: Ob Herr Söder sich der Doppelsinnigkeit dieser Entscheidung – „seiner“ Bevölkerung ein Kreuz aufzuerlegen – überhaupt bewußt ist? Immerhin möchte er ja im Herbst ein paar Kreuze zurück haben. Nun denn – falls die Wählerinnen und Wähler ihm keine geben sollten, hängen dann ja noch genügend in den Behörden herum…

Achterbahn und Hölle

6 Jan

oder: 12 Verhaltensmuster, an denen Du erkennen kannst, dass Du mitten in einer Depression steckst

Dies ist ein sehr persönlicher Beitrag (wer schreibt schon gerne über solche Themen in Bezug auf sich selbst), aber ich habe gemerkt, dass das Schreiben etwas Therapeutisches hat. Ich behalte mir vor, ihn bei unsachlichen Kommentaren und persönlichen Beschimpfungen wieder vom Netz zu nehmen.
edit: Absatz eingefügt: Warum merken die anderen nichts?

Neulich war es mal wieder soweit. Das letzte Jahr war für mich körperlich ein sehr anstrengendes. Endlich hatte ich eine vertrauenswürdige Endokrinologin gefunden, bei der ich mich bezüglich meiner Schilddrüsenerkrankung, die ich seit über 20 Jahren habe, endlich gut aufgehoben fühlte (was ich von den alten Herren, bei denen ich zuvor in Behandlung war, nicht behaupten kann, aber das ist eine andere Geschichte). 2 Mal im Laufe des Jahres stellten wir meine Medikamente um – was nötig geworden war, weil ich mich zunehmend unwohler in meiner Haut fühlte.

Damit fing die Achterbahnfahrt dann an – Weiterlesen

Weihnachten – und die andere Realität

22 Dez

Zeit meines Lebens hatten wir, wie vermutlich viele Familien, über die Weihnachtsfeiertage und darüber hinaus immer Weihnachtssterne bei uns zu Hause stehen – also nicht die am Himmel, sondern die Zierpflanzen natürlich, so wie die oben im Bild.

Ich fand sie – trotz ihrer Schlichtheit – immer sehr hübsch und dekorativ. Als ich mit ca. 25 einmal in der Vorweihnachtszeit auf einer Reise in sonnigen Gefilden war, machte ich eine Entdeckung, die mein Weltbild sehr ins Wanken brachte:

Weiterlesen

Fifty shades of …

17 Dez 50 shades of fall – Schönbrunn im Herbst

…Fall

50 shades of fall – Schönbrunn im Herbst

Abb. 1: 50 Shades of Fall – Schönbrunn im Herbst

Vor gut einem Monat – es war noch Laub auf den Bäumen und noch nicht so kalt wie jetzt – war ich auf einem Kurztrip in Wien und ging im Park von Schloss Schönbrunn spazieren. Was soll ich sagen? Als Natur-Freak konnte ich mich regelrecht begeistern an der herbstlichen Farbpracht, die sich mir bot: Die vielen ver-schiedenfarbigen Blätter, die an den ordentlich zurecht­gestutzten Bäumen hingen, leuchteten um die Wette.

So erschienen mir die Alleen wie ein Regenbogen, dessen Farbspektrum sich freilich auf die gelb-orange-roten Farbtöne beschränkte, in Abhängigkeit von Baumsorte und Sonnenstrahlung. Mir ging das Herz auf.

… Spring

Frühling auf dem Jakobsweg

Abb. 2: 50 Shades of Green – Frühling auf dem Jakobsweg

Genauso erfreuen konnte ich mich auch an der Farbpracht, die mir auf einem meiner monat-lichen Pilgertage LeerLauf für den Kopf auf einem der Münchner Jakobswege entgegen-strahlte.

Das war im Frühjahr, und das frühlingsfrische Grün der Bäume leuchtete um die Wette mit der Sonne – und weil die sich gerade hinter den Wolken versteckte, hat das leuchtende Grün in all seinen Schattierungen sogar auch gewonnen.

… Sky

50 shades of Sky

Abb. 3: 50 Shades of Sky – Wetter-Wolken-Meer

Faszinierend auch dieser Himmel über dem Atlantik auf Teneriffa. Mit den minütlich abwechselnden Grau-Blau-Tönen von Himmel und Meer bot sich dem Betrachter ein beeindruckendes Schauspiel. Warten auf den Regenschauer?

Der ließ jedoch auf sich warten – zumindest am Ort der Betrachtung jedenfalls. Eine gute Stunde nach dieser Auf-nahme waren die Wolken sogar bereits wieder verschwunden, und die Sonne strahlte für die nächsten paar Stunden was das Zeug hielt. Das nenne ich Wandlungsfähigkeit und Lebendigkeit.

Ein starkes Bild jedenfalls – auch wenn man für seinen Urlaub sicherlich ein strahlendes Blau vorziehen würde.

… Mind

Ich weiss nicht, wie es Dir, liebe Leserin, lieber Leser, beim Anblick dieser Auswahl an Bildern geht – ich finde die Vielfalt und die zahlreichen Farb-Schattierungen, die uns die Natur mit ihren unterschiedlichen Facetten zeigt, jedenfalls faszinierend. Ich werde auch nicht müde, mich immer wieder daran zu erfreuen.

Zwar bedarf es immer auch ein wenig Achtsamkeit, sich inmitten der Geschehnisse unseres Alltags an solch scheinbar kleinen Momenten erfreuen zu können. Für mich bedeuten diese Augenblicke jedes Mal einen Mini-Urlaub. Auszeit. Hier. Jetzt.

Gleichermaßen spannend finde ich es aber auch, wenn ich mir unsere Kommunikation anschaue. Obwohl es in letzter Zeit ja etwas en vogue geworden zu sein scheint, die Ereignisse dieser Welt oder deren Protagonisten etwas polarisierend darzustellen, finde ich: So einfach ist es nicht.
Auch wenn uns eine Einteilung von Sachverhalten in: Die Guten — die Bösen, richtig oder falsch, Ich/Wir — die anderen, meine Wahrheit vs. Dein Irrtum, Entweder — Oder, Zustimmung oder Widersprechen gewissermaßen eine Orientierung im Leben geben kann, wird es meiner Meinung nach der heutigen Lebensrealität nicht gerecht. Vielfalt & Lebendigkeit lassen sich halt viel besser in bunt oder in Sowohl-als-auch darstellen als in Schwarz-Weiss.

 

Meinungsverschiedenheiten

50 shades of Mind

Denn genauso kann es auch mein Leben bereichern, wenn ich in der Diskussion mit einem Menschen, der eine andere Einstellung hat als ich, versuche hinter das Schwarz & Weiss unserer Überzeugungen zu schauen, z.B. indem ich seine Grundannahmen erforsche. Oftmals lässt sich dabei auch eine gemeinsame Basis finden und es stellt sich heraus, dass der eine oder andere nur in seinen Schlussfolgerungen anders abgebogen ist.
Um wievieles leichter kann so ein Konsens werden, wenn nur noch die halbe Wegstrecke an Meinungsverschiedenheit überwunden werden kann!

 

 

 

Copyright:
Alle Bilder & Grafiken aus eigenem Bestand der Webseiten-Betreiberin (2016/2017)