Auf den Spuren der Beginen – und was daran auch heute noch interessant ist

15 Nov

Kürzlich war ich mit einer Gruppe anderer Frauen auf einer dreitägigen Reise „Auf den Spuren der Beginen“.
Die meisten Menschen, denen ich zuvor oder auch danach davon erzählte, fragten mich zunächst, was denn überhaupt die Beginen seien. Auch ich hatte bis vor einiger Zeit noch nichts von ihnen gehört, danach übten sie jedoch eine gewisse Faszination auf mich auf.

Zunächst mal eine kurze zeitliche und definitorische Einführung.

Die Beginen waren eine mittelalterliche (zumeist) Frauenbewegung, die ab dem 13. Jahrhundert in Deutschland und vorher auch schon in den Niederlanden wirkte. Dabei handelt es sich überwiegend um eine städtische Bewegung, und die meisten Beginen waren zumindest aus dem Bürgerlichen Milieu, manche Frauen auch aus dem Adelstand.

Die Ehe erschien damals vielen der Frauen nicht als erstrebenswert, im Adelsstand wurde der „Wert“ einer Frau an der Höhe ihrer Mitgift gemessen, außerdem war damals das Kindbettfieber die häufigste Todesursache bei Frauen. Auch der Ordenseintritt war – wie man auch heute noch gut nachvollziehen kann – ein Lebensweg, den man/frau mögen muss.

Eine innovative Lebensform

So waren die Beginen für damalige Zeiten eine sehr moderne und auch mutige Bewegung, denn sie anstatt sich für eines der beiden damals bekannten Lebens-modelle – Ehe und Orden –  zu entscheiden, bildeten sie daraus einen neuen, dritten Weg: Die Beginenorden.

Die Frauen schlossen sich damals zusammen, um gemeinsam in sogenannten Beginenhäusern oder -höfen ein religiöses, eheloses Leben in Gemeinschaft zu führen. Dabei legten sie im Gegensatz zu klösterlichen Ordensgemeinschaften keine ewigen Gelübde, sondern nur Gelübde auf Zeit ab, gaben sich eigene Regeln und wählten eine „Meisterin“. Häufig schlossen sich auch verwitwete Frauen den Beginen an.

Im Gegensatz zu Bettel- oder auch manch anderen Orden lebten sie nicht zurückgezogen hinter Klostermauern oder von Almosen und alleinigen Gebeten. Sie gingen einer wirtschaftlichen, (textil-)handwerklichen oder sozialen Tätigkeit nach, wie Tuchmachen oder die Versorgung von Kranken oder Sterbenden, für das sie Geld erhielten, und lebten so von ihrer eigenen Hände Arbeit. Oder sie gingen Heil- und Lehrberufen nach.
Das gemeinsam erwirtschaftete Vermögen wurde geteilt, während privates Vermögen, z. B. Erbschaften, zumeist behalten oder bei Verlassen des Beginenordens zurück gegeben wurde.

Mutig …

…an dieser Lebensform finde ich, dass den Frauen trotz aller Widrigkeiten und Widerstände, die ihnen (zunächst) seitens städtischer und kirchlicher Obrigkeiten, Zünften und anderen Besitzstandswahrern entgegen gebracht wurde, zunehmend mehr Akzeptanz entgegen gebracht wurde. Zugegebenermaßen wohl auch aus eher pragmatischen Gründen, denn die Beginen widmeten sich z. T. der medizinischen Versorgung der Bevölkerung in den damals entstehenden Städten oder übernahmen andere Aufgaben, die die Nonnen nicht übernehmen konnten.

Überspitzt könnte man natürlich auch sagen, die Beginen waren zu intelligent, eigenständig und/oder mächtig. Somit waren sie etlichen Fraktionen (der Kirche, den Ständen und Zünften etc.) ein Dorn im Auge. Deshalb wurden die Beginenhäuser (mit wenigen Ausnahmen) teils durch einen päpstlichen Erlass im 14. Jahrhundert, teils im Zuge der Reformation im 16. Jahrhundert aufgelöst.

Wiederbelebung & Werte

Seit den 1990er Jahren haben Frauen in Deutschland diese Bewegung wiederbelebt. Zahlreiche Frauenwohnprojekte und -gemeinschaften haben sich seitdem gebildet. Religion oder Spiritualität oder soziales Engagement spielen dabei heute nur noch teilweise eine Rolle.
Wichtig ist – wie in jeder Wohn- und Lebensgemeinschaft – das Vorhandensein von gemeinsam geteilten Werten sowie die Bereitschaft, sich aufeinander und auf die Gemeinschaft einzulassen. Wobei Letzteres auch in gewisser Weise gegenseitige Unterstützung und ein voneinander Lernen wollen beinhaltet.

Und das finde ich für jede Form der Wohn- oder Lebensgemeinschaft auch heute noch relevant, egal ob es sich um eine Familie oder Partnerschaft, eine WG, eine Firmengründung oder ein genossenschaftliches oder sonstwie geartetes Kommunen-mäßiges Wohnprojekt handelt.

 

 Weiterführende Informationen:
– Dachverband der heutigen Beginen: http://www.dachverband-der-beginen.de/

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